Andrea Nahles vs. Angela Merkel

Forsa-Chef Manfred Güllner ist für sein phantasiereiches Werk bekannt. Für eine Schlagzeile steuert er gern passende Umfrageergebnisse, und O-Töne bei. In diesem Fall hat man ein paar hundert Bundesbürgern eine Frage gestellt, auf die nur 15% antworten mochten, das jemand wie Andrea Nahles Angela Merkel beerben könnte. »Ein Politiker-Typus wie Nahles habe kein hohes Ansehen.« liest man da, und das »Jemand, der ausnahmslos Politik gemacht hat und nur darauf erpicht ist, die eigene Macht abzusichern und die eigene Karriere zu befördern, keine Chance hat, große Sympathien beim Wählervolk zu gewinnen.« Wer den Werdegang von Angela Merkel kennt, kennt den wesentlichen Unterschied zwischen dem „Politiker-Typus“ wie Nahles und dem von Merkel: Es sind die Freunde, mit denen sie sich umgibt. Wie Güllner eben. Oder Friede Springer. Gönner wie Josef Ackermann. Förderer wie Helmut Kohl. Und so weiter, und so fort. Allen die Angela Merkels Biographie nicht kennen mal eine kurze Rekapitulation ihrer Laufbahn:

Merkel wird in Hamburg geboren. Nach einigen Wochen siedelt die Familie in die DDR über. Merkel gewinnt Russisch-Olympiaden bis auf DDR-Ebene, wird Mitglied der Pionierorganisation Ernst Thälmann und später der Freien Deutschen Jugend (FDJ). 1,0 Abitur. Studium der Physik, Abschluss freilich „sehr gut“, daraufhin Wechsel an die Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW), dann Dissertation, die mit „sehr gut“ (magna cum laude) bewertet wird, der eine Arbeit „Was ist sozialistische Lebensweise?“ und Mitarbeit in der FDJ voran geht, Zeitzeugen behaupten »sie sei für „Agitation und Propaganda“ zuständig gewesen», aber das waren damals ja alle.

Merkel ist am Ende ihrer akademischen Laufbahn angekommen, sie trägt einen höchstwahrscheinlich nicht kopierten Doktor der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.). Es ist das Jahr 1989.

»1989? Da war doch was.. « wird sich der ein oder andere Leser jetzt gedacht haben. Genau, Wende, auch für Merkel. Die Frau, die ihr Leben lang hart für erstklassige Abschlüsse geschuftet hat, braucht nicht mehr helfen, die DDR zu beseitigen, denn das Volk ist längst seit Jahren auf der Straße und der Staat liegt in den letzten Zügen. Merkel beginnt nun beim neu gegründeten Demokratischen Aufbruch (DA) mitzumachen, zunächst ehrenamtlich und schließlich hauptberuflich, als Sachbearbeiterin, die 1,0 Abiturientin mit Magna cum laude Dr. rer. nat. Rein zufällig wenige Tage vor der Wahl wird deren Vorsitzender und Merkels Chef als Mitarbeiter de Ministerium für Staatssicherheit (MfS) enttarnt. Die später von der CDU samt Mann und Maus also völlig vereinnahmte Ost-CDU gewinnt im Osten 40 Prozent der Wählerinnen und Wähler und die eigens hierzu von der Union gegründete Allianz für Deutschland (AD, vgl. DA für „Demokratischer Aufbruch“, ein Schelm wer Böses dabei denkt) macht Lothar de Maizière zum neuen Ministerpräsidenten der DDR und Merkel dient sich der ersten und gleichzeitig letzten frei gewählten Regierung der DDR als stellvertretende Regierungssprecherin an. Merkel reiste fortan viel mit, etwa zum Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrages wie zur freiwilligen Vereinigung der AD mit der Ost-CDU mit der CDU. All das geschah Ende 1990.

Merkel wird auf Platz 6 der Landesliste geführt, braucht sich mit knapp 50 Prozent der abgegebenen Erststimmen darauf nicht verlassen und wird MdB. Damals schon von der neuen Hauptstadtpresse als „Kohls Mädchen“ bezeichnet worden sein. Sie bat um ein persönliches Gespräch mit dem Kanzler, erhielt die Planstelle einer Ministerialrätin (A 16) im Bundespresse- und Informationsamt (BPA), vermutlich weil eine Rückkehr an die dann abgewickelte System-nahe Akademie der Wissenschaften nicht mehr möglich war. Doch wie wenig Interesse an der erlernten Materie,der Physik, wir erinnern uns, muss man haben, wenn man in die dröge Bonner Bundespolitik eingetaucht ist und nicht mehr los lassen kann?

Es folgt Merkel als Bundesministerin für Frauen und Jugend, unter Kohl. Und als Bundesumweltministerin, unter Kohl. Nun wird Merkel selbstständig, abermals nicht aus eigenem Antrieb, aber den Anlass geschickt nutzend: Sie lässt sich als Generalsekretärin inthronisieren, als der Parteispendenskandal in den Startlöchern steht, um die Union und insbesondere ihren Vorsitzenden, den nun scheidenden Bundeskanzler, schwer zu beschädigen. „Kohls Mädchen“ beerbt Kohl. Doch dann lässt sie sich bei einem Frühstück mit dem charismatischen Edmund Stoiber, dessen Ehefrau den Rufnamen „Muschi“ genießt, von ihm die Kanzlerkandidatur abringen. Erst bei der vorgezogene Bundestagswahl 2005 gelingt es ihr, nach der legendären Elefantenrunde erneut gedemütigt, die Kanzlerschaft an sich zu reißen und bis heute ebenso wenig wie den Vorsitz ihrer Partei los zu lassen.

Der langen Schreibe kurzer Sinn: Der Merkel standen alle Türen offen. Sie wählte die in die Hinterzimmer der Politik, aus denen heraus sie schon so manchen Profilneurotiker unter ihren Parteifreunden erledigt hat, indem sie ihnen das Vertrauen aussprach und insgeheim entzog. In der Union wissen auf die Frage, wer nach ihr folgt, so wenig eine Antwort wie seinerzeit als Kohls letzte weil vierte Amtszeit zu Ende war und er im Sog der „jüdischen Vermächtnisse“ sogar seinen Ehrenvorsitz ruhen lassen musste, um die Partei durch sein Schweigen bei der strafrechtlichen Aufarbeitung des Parteispendenskandals nicht noch mehr zu beschädigen. Die Frage ist eigentlich nur: Was wird der große Paukenschlag, mit dem die Merkel aus ihrer politischen Karriere scheidet, die alles war was auf die akademische Karriere folgte.

Und der Frau, die bis auf Machterhalt nichts zustande gebracht hat, trauen also mehr Menschen zu Kanzlerin zu sein als etwaigen Kandidaten mit wesentlich lupenreineren Karrier, Herr Güllner? Mit Verlaub, aber nehmen sie nicht mehr so viel von ihrem Zeug. Die Zahlen vernebeln ihnen den Verstand und fördern nur ihren Geltungstrieb.

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