1125 Euro

Die Ebola-Epidemie in West-Afrika ist außer Kontrolle. Nachdem die Weltgesundheitsorganisation lange Zeigt schlief um dann zuerst zu zaghaft und zögernd einzugreifen, um dann mit Straßensperren gegen diese Seuche vorzugehen verstarben binnen weniger Wochen 2400 Menschen vor allem in Sierra Leone und Liberia. Mit dem Wissenschaftler des größten und angesehensten Instituts für Tropenkrankheiten  zu schreiben. »Liberia ist verloren«((Natürlich werden unsere beherzt bohren den Boulevardblätter mit dem Dauerfeuer von Interviews auch für ein verwertbares Zitat gesorgt haben, indem sie einfachr lang genug fragten, dennoch sind die Wissenschaftler dort sicherlich mit derartigen Druck vertraut, geschult und als von der Bundesregierung beauftragt auch gar nicht befugt solche Horrorszenarien in die Welt zu setzen. Aber im Zweifel, das sagt die Erfahrung, erfinden die einfach etwas.)) Nun hat sich das Land bilateral an uns gewandt, mit einem persönlichen Brief an die Kanzlerin. Ein ungewöhnlicher Vorgang, aber außergewöhnliche Zeiten erfordern mutige Schritte. Üblicherweise unternimmt die Weltgesundheitsorganisation die Koordination im Kampf gegen solche Ausbrüche, aber wie schon angedeutet ist sie nicht sonderlich zügig darin. Und Zeit ist für die Menschen vor Ort der kritische Faktor. Weil die Antwort ausblieb, wurde der Wortlaut nunmehr veröffentlicht:

Ich übermittle Ihnen Grüße vom liberianischen Volk und in meinem Namen. Lassen Sie mich zunächst unsere Dankbarkeit für die Unterstützung ausdrücken, die Sie uns in der Mano River Union im Kampf gegen diesen beispiellosen Ausbruch des Ebola-Virus gegeben haben. Das deutsche Volk ist über die Jahre ein verlässlicher Partner gewesen und wir sind aufrichtig dankbar.

Liebe Kanzlerin Merkel, wie Sie inzwischen wissen, hat der Ausbruch die von uns bislang versuchten Maßnahmen der Eindämmung und Behandlung überwältigt. Unsere bereits begrenzten Ressourcen sind zum Zerreißen gespannt und bis jetzt hat nur ein privates Hilfswerk, Ärzte ohne Grenzen (MSF), in allen betroffenen Ländern robust reagiert. Aber auch sie sind an ihre Grenzen gestoßen. Ohne mehr direkte Hilfe von Ihrer Regierung werden wir diese Schlacht gegen Ebola verlieren. Eine WHO-Untersuchung, durchgeführt mit anderen Partnern und unserm eigenen Ministerium für Gesundheit und Wohlfahrt, projiziert tausende Fälle über die nächsten drei Wochen.

Der Virus breitet sich exponentiell aus und wir haben ein begrenztes Zeitfenster, um es aufzuhalten. Weit über 40 Prozent der gesamten Fälle sind in den vergangenen 18 Tagen aufgetreten. Unsere Botschaft ist angekommen, und unsere Bürger melden sich oder bringen ihre Angehörigen. Aber unsere Behandlungszentren sind überfordert. MSF leitet nun eine 160-Betten-Einrichtung, die weiter expandieren wird.

Dies ist die größte Ebola-Behandlungseinrichtung in der Geschichte der Seuche, und selbst sie ist unzureichend. Um die Übertragungskette zu brechen, müssen wir die Kranken von ihren Familien und Gemeinschaft isolieren, aber das ist unmöglich, weil sie nirgendwo hingebracht werden können. Wir sind gezwungen worden, Kranke abzuweisen. Wir schicken sie nach Hause, wo sie ein Risiko für ihre Familien und Gemeinschaften darstellen. Ich bin ehrlich mit Ihnen wenn ich sage, dass in diesem Tempo wir die Übertragungskette nie brechen werden und der Virus uns überwältigen wird. (Q: taz)

Das Schreiben ist datiert auf den 9. September. Bei Bekanntwerden gestern war das Schreiben bereits eine Woche im Posteingang der Kanzlerin. Einer (sic!) der Pressesprecher musste nun gestern einräumen, das dieser Hilferuf bekannt sei. Und man „in wenigen Tagen antworten werde“. Und man bereits 2,7 Millionen Euro bereitgestellt habe.

Das er erst notgedrungen reagiert, nachdem Merkel ertappt wurde, ist schon eine Frechheit. Das bei den vielen Toten täglich noch um einige Tage Geduld gebeten wird ist zynisch. Und deshalb, eine ebenso zynische wie menschenverachtende Kalkulation auf Basis des reinen Zahlwerts, mit die Bundeskanzlerin den Pressesprecher der Bundesregierung die Hauptstadt Presse abwimmeln lies: Merkel glaubt Deutschland mit 1125 Euro pro Kopf aus der Pflicht nehmen zu können. Das sind jene 2.700.000 Euro, die sich die Bundesregierung ohnehin verpflichtete zu helfen, dividiert durch die bisherige Zahl der Opfer. Merkel, das ist sogar für ihre Verhältnisse geschmacklos!

Die Tropeninstitute sitzen hier. Die Pharmakonzerne sitzen hier. Deutschland beutet insbesondere die westafrikanischen Länder seit einem Jahrhundert aus.((Stichwort Anfang des ersten Weltkrieg Jahr sich dies Jahr zum 100. Mal.))

Der Ukraine werden sofort Milliarden insbesondere für Rüstungshilfe und Mauerbau zur Verfügung gestellt. Liberia muss, Stand heute, sieben Tage warten um einen Notruf beantwortet und 1125 Euro pro Todesopfer angewiesen zu bekommen?

Liebe Frau Merkel, sie sind eine humanitäre Katastrophe.

Update (30. September): Nur zwei Wochen später mahnt Merkel schnelle Hilfe an. Das zeigt: Egal was die Kanzlerin macht, die Presse macht eine positive Schlagzeile daraus. They put egal in Angela.

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