Eine Rotte Jugendlicher

In meiner Kindheit hatte ich eine Menge Angst vor zwei Zwillingen und deren bestem Freund. Die Drei wohnten zwei Ecken entfernt im viergeschossigen Geschosssozialwohnungsbau, der im Frankfurter Ostend irgendwann Stil bildend für ganze Straßenzüge war. Das Viertel war und ist kein Problembezirk, ganz im Gegenteil. Zwischen Zoomauer und Ostpark im Süden und Osten und im Westen und Norden von Bornheim eingerahmt ließ es sich leben. Aber diese Jugendlichen, die immer ein paar Jahre älter blieben, aber mit den Jahren immer  weniger Klassenstufen weit weg waren, verbreiteten bei mir Furcht und Schrecken. Jedenfalls so viel, das ich den Gehsteig wechselte, wenn sie zu sehen waren. Und da sie an einer wichtigen Bushaltestelle wohnten, genau genommen für lange Zeit an der einzigen in direkter Nähe, ließ sich eine Begegnung manchmal einfach nicht vermeiden. Die Buslinie 40, die die Straßenbahnlinie 13 während der Bauzeit der U-Bahn ersetzte, und mich in mein zweites zu Hause (Stichwort Schlüsselkind) und die Buslinie 32, die mich zum heißgeliebten Senkenbergmuseum fuhr hatten beide eine für mein Kopfkino schleche Lage. Die Begegnung ließ sich auch dann nicht vermeiden, als die Schildvortriebmaschinen den Frankfurter Untergrund für die zusätzliche U-Bahn freigeschaufelt hatten. Denn: Die Haltestelle der U7 lag wieder direkt vor deren Haustür.

Später, als der Bus, der die Bahn wich, der der U-Bahn wich, und ich älter wurde und sich meine Interessen verlagerten, als Petra Roth die Junkies und Dealer aus den Straßenschluchten der Grünanlagen rund um die Bankentürme in den sprichwörtlichen Untergrund verdrängten, nämlich beispielsweise in jene U-Bahn Station, verlor auch der Schrecken der Drei seine Wirkung. Ich weiß nicht was aus ihnen geworden ist. Anders als aus dem Mitschüler, der mir als Drücker später Zeitungen verkaufen wollte, nachdem er frisch aus dem Gefängnis keine andere Zukunft für sich sah. Aber ich bin mir sicher: Die Welt retten die heute nicht.

Und heutzutage begegne ich wieder regelmäßig einer ganzen Rotte solcher Möchtegerne, Gernegroße, Lost Youth, die ihre Zeit im Beton in der S-Bahn Station ihres Dorfs damit vergeuden zu saufen, sich gegenseitig mit Nichtstun in teuren Klamotten zu imponieren und bei regelmäßiger Gelegenheit in den Aufzug urninieren.

Ich erwarte nichts. Von denen noch weniger als früher vor den Dreien. Vor denen hatte ich wenigstens Angst. Von den Halbstarken an der schmucklosen Rampe, die sich mit Fusel ihre Existenz schöner saufen erwarte ich nichtmal das, und habe es auch nicht, obwohl die Rotte von Tag zu Tag anschwillt und immer mehr Unrat hinterlässt. Von denen erwarte ich auch mehr nicht.

Höchstens eines Tages in dem Aufzug, den ich nehmen muss, und in dem es regelmäßig aufgefrischt nach Pisse stinkt, einen Kackhaufen zu finden.

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