InterCityExperimental

Heutzutage findet sich der ICE eher in der Tagesschau, weil er nicht nur die Bahn zum schwitzen bringt. Aber vor 25 Jahren, am 26. November 1985 waren Betreiber und Bezeichnung noch andere: Die Deutsche Bundesbahn absolvierte eine Rekordfahrt, der InterCityExperimental fegte mit über 400 Stundenkilometer schneller als alle anderen Schienen-gebundenen Züge über die Gleise und in die Abendnachrichten.

http://www.youtube.com/watch?v=DalWU3zNrhw

Bis dorthin hat der InterCityExperimental einige Tests über sich ergehen lassen müssen, sogar ein Dummy der Nase des InterCity Express wurde gefertigt, um Luftströme daran erproben. Wer den Zustand dieses Modells schon für traurig hält, sollte sich einmal mit dem der Baureihe 403 (alt) vertraut machen, die übrigens erstmals als Intercity-Expreß firmierte und später ihre Baureihe an die dritte Generation des ICE abtreten musste. Zwischenzeitlich war die Euphorie übrigens so überschwänglich, dass sogar darüber nachgedacht worden war, den „ICE-G“ im Güterverkehr zwischen regulären Fernverkehr auf die Schiene zu bringen.

Dann vergingen über zwanzig Jahre, in der „Die neue Bahn“ der ersten Generation ein neues Interieur aber ansonsten den Anschluss verpasste. Bereits der ICE war seinerzeit im Hintertreffen, aber mit dem mutigen Schritt hin zum eigenen System hatte die Bundesbahn den richtigen Schritt unternommen. Was folgte war die Wiedervereinigung, in deren Windschatten die Einführung des ICE auf der Neubaustrecke Fulda-Würzburg zur Nebensache bei der Zusammenlegung zweier Staatsbahnen wurde. Plötzlich war Wundenlecken an der innerdeutschen Grenze wichtiger als Wunderwerke, und nicht zuletzt gelang den Spindoktoren der typisch deutschen (Wirtschafts-)Einheit bei der Bahn was ihr bei der Übernahme der ostdeutschen Ökonomie durch die Treuhand gelungen war: Umsturz-artige Einführung der Marktwirtschaft und (bei der Bahn nur beinah) Privatisierung im großen Stil. Das ehemalige Staatsunternehmen Bundesbahn will seither an die Börse, aber macht mit immer neuen Schreckensmeldungen aus ausgedünnten Unternehmensbereichen und überfüllten Zügen Schlagzeilen.

Inzwischen hält der TGV übrigens den Weltrekord, bei sagenhaften 574,8 km/h. Was zeigt das es auch ohne deutsche Technik und Privatisierung Marke „Der Markt wird es schon richten!“™ geht. Auch von der Rekordfahrt gibt es, ganz zeitgemäß, einen musikalisch unterlegten, vor Stolz strotzenden, mitreißenden Mitschnitt der französischen Staatsbahn und des beteiligten Konsortiums. In acht Minuten bekommt man den Nervenkitzel gepaart mit moderner französische Lebensart vor Augen geführt, die diese Geschwindigkeit mit sich bringt:

Wenn Mehdorn, sein Nachfolger und dessen Nachfolger nur den Funken einer Ahnung vom Geschäft hätten, und nicht aus allen möglichen Branchen hinzugezogen und mit goldenem Handschlag wieder verabschiedet würden, wenn die deutsche Politik sich mehr um den öffentlichen Verkehr kümmern als in Dienstwagenaffären verwickeln würde, dann würde man auch hierzulande solche Videos drehen und einen neuen InterCityExperimental wieder in der Tagesschau sehen können.

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