Weder Freund noch Feind
Wir schreiben das Jahr 1980. Im Iran regiert kein Verbündeter der USA.
Der Nachbar empfängt Donald Rumsfeld – später am längsten amtierender Verteidigungsminister der USA, Saddam Hussein nimmt eine Menge Geld und Waffen entgegen und zieht als Stellvertreter in den Ersten Golfkrieg. Im ersten und letzten Jahr ist man in der Offensive, in der Zwischenzeit dominiert der Iran das Geschehen. Am Ende steht ein Waffenstillstandsabkommen, und zwischen 367.000 und 875.000 Tote liegen in den Gräben zwischen und in der Wüste.
Ein Jahr danach marschieren irakische Soldaten in Kuweit ein. Wochen später eröffnen die USA den Zweiten Golfkrieg. Flugzeuge und Schiffe bombardieren den Irak, Amerikaner marschieren von der Mündung des Tigris bis vor Bagdad. Bis heute ist unklar, wie viele Iraker bei dem Einmarsch ihr Leben lassen.
Wie gegen den „Systemfeind Kuba“ verhängen die USA ein weitreichendes wirtschaftliches Embargo. In der Folge wird der Irak weder in der Lage sein, Massenvernichtungswaffen zu entwickeln, noch der gemeine Iraker an frei gehandelte Medikamente oder Lebensmittel kommen: Der Irak wird stellvertretend für seine Massen mordendes Staatsoberhaupt ausgeblutet.
Zehn Jahre später treffen von Terroristen gekaperte Flugzeuge in World Trade Center und Pentagon. Wieder sind ehemalige Verbündete – dies Mal aus Saudi Arabien – am Steuer, immerhin nicht im offiziellen Auftrag ihrer Regierung. Die Bilder der einstürzenden Türme gehen um die Welt, die sich mit den USA bedingungslos solidarisieren.
Der feige Anschlag hat natürlich handfeste Konsequenzen für Saudi Arabien:
Wieder bombardiert die Air Force den nahen Osten, dieses Mal Afghanistan. Amerikaner marschieren Seit an Seit mit der afghanischen Nordallianz und jeder Menge Pakistani in das zerrüttete Land ein. Hier wird Osama bin Laden vermutet – von ambulanter medizinischer Hilfe abhängig soll er in „Tora Bora“ Verstecken spielen. Zehn Jahre lang geht der ehedem mit den USA verbündete Untergrundkämpfer aus dem Weg.
Nach Kuba, über das vor Jahrzehnten ein Embargo verhängt wurde, werden fortan tausende „unrechtmäßige Kämpfer“- und solche die dafür gehalten werden, ohne Rechte für sie und Pflichten für die USA verschleppt, darunter auch mindestens ein Deutscher.
Zehn Jahre unterzutauchen gelingt Saddam Hussein nicht. Weil der erste afroamerikanische Aussenminister der USA dem UN-Sicherheitsrat handfeste Beweise vorlegt, wird fortan Jagd auf Saddam Hussein gemacht, die den langen Arm des Gesetzes schließlich in einen Telefonzelle großen Bodenbunker führt, in dem Saddam Hussein ohne Rasierapparat kauert. George W. Bush vollendet den Feldzug seines Vaters, George Bush sen. Das Video von der Exekution Saddam Husseins durch seine Landsleute kursiert kurz darauf im Internet.
Letzte Woche schalten amerikanische Soldaten Osama bin Laden – ganz zufällig nah eines Krankenhaus – in verbündeten Pakistan aus. Seine Leiche wird auf See bestattet und nie gefunden werden. Fotos seiner versuchten Gefangennahme unterliegen für die nächsten hundert Jahre der Geheimhaltung.
Zeitgleich veröffentlicht WikiLeaks massenhaft Unterlagen, die belegen das die meisten in auf Kuba, in Guantanamo inhaftierten weitgehend Unschuldige im Sinne ihrer Anklage sind.
Mission Accomplished: Die Demagogie wird auch nach dem Tot von Osama bin Laden noch am Hindukusch verteidigt. Millionen Menschen sind ihr Leben los. Und Nahost ist wieder etwas sicherer, seit die USA die jüngsten Stellvertreterkriege angezettelt haben. Und Deutschland ist ein Stück sicherer, weil mit automatischen Waffen und schusssicherer Weste ausgerüstete Bundespolizisten arabisch aussehende Reisende an Flughäfen und Bahnhöfen der Bundesrepublik Verdacht-unabhägig kontrolliert.
»Verschwörungstheorie und -praxis liegen meist weit auseinander.« In diesem Fall möglicherweise nicht so weit.
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