„Völlig neues Medium“ Internet
Zehn Jahre und länger sparte man bei den Leistungsträgern der Branche, bei den Journalisten.
Vorläufige Höhepunkte dessen sind die Zusammenlegung einzelner Ressorts in Zentralredaktionen oder die Zusammenstellung sogenannter Mantel für mehrere regionale Presseerzeugnisse.
Als Resultat dessen liest man in vier Wirtschaftsmagazinen vier Mal den selben Artikel, von Meinungsvielfalt kann da keine Rede mehr sein. Oder Lokalnachrichten werden von einem hundert Kilometer und mehr angereisten Journalisten erstellt, dessen Redaktion bei fehlendem Nachrichtenwert eben auf eine Pressemitteilung im O-Ton zurückgreift und/oder somit auf eine Berichterstattung verzichtet. Oder Journalisten sehen dank „total buy-out“ ihre Arbeit in der ganzen Verlagsgruppe vervielfältigt, und dabei nur einmal entlohnt. Oder die eine „Kostenloskultur“ herbeischreibenden Unternehmer bedienen sich im Internet selbst, indem sie frei verfügbares Material ohne Quellenangabe und/oder Genehmigung vervielfältigen. Oder man publiziert gleich gänzlich kostenlos über das Internet oder in Form kostenloser Presseerzeugnisse, und wo Journalismus nur über Werbung gegenfinanziert wird, wird er nicht nur anfällig für Einbrüche im Anzeigenmarkt, anfällig für Wünsche und Bedürfnisse von Anzeigenkunden, sondern ist auch den fallenden Anzeigenpreisen ausgeliefert.
Ökonomische Exzesse im Sinne gewinnorientierter Verleger sind in der vom Grundgesetz verankerten Presselandschaft längst Regelfall, und das obwohl im Internet seit über einem Jahrzehnt in den verschiedensten Bereichen munter Geld verdient wird und ausweislich einer neuen turnusmäßig veröffentlichten Studie im Jahr 2009 gerade mal 3 von 10 Menschen das Internet noch nicht als ihr Leitmedium begreifen.
Was fällt den Verlagshäusern dazu ein? Lassen wir doch einmal Christoph Keese vom Axel Springer Verlag zu Wort kommen:
Das1 ist ein völlig neues Medium, das aufgebaut wurde.
Mit diesem und zahlreichen anderen Worthülsen ist Herr Keese nicht der einzige Interessenvertreter einer neuen Bezahlkultur, auch seine Kollegen aus den Chefetagen ehedem angesehener Verlagshäuser sind dabei ihre hastig gestrickten Bezahlmodelle, Zugriffsbeschränkungen – bis hin zum neu aufgestellten Zugangserschwerungsgesetz, und Prototypen im profitablen Weihnachtsgeschäft schnell noch unter die Leute zu bringen und in der gewinnbringendsten Jahreszeit zu erproben. Garniert werden diese Bemühungen vom dem einen Rahmen gebenden Leistungsschutzrecht für die Presse, mit dem die neue Bundesregierung derzeit belagert wird und im neuen Jahr eine neue Einfalt einleiten wird.
In der Folge werden sich Blogger abwenden, und Google News das einzige verlinkende Medium bleiben, das noch auf die Bezahlinhalte verlinkt. Dann allerdings könnte sich ein neuer Wettbewerb entfalten, und zwar um die übrig bleibenden Klicks, also die wenigen übrigen kostenlosen Quellen unter Google News, denn eines wurde bereits vom Suchmaschinenanbieter angekündigt: Man wolle sich gern an den Bemühungen zur nutzungsabhängigen Finanzierung beteiligen, aber man stellt es auch jedem Angebot frei, wie viele freie Klicks auf die jeweiligen Portale erlaubt sein werden. Und niemand weiß besser als Google, das Klicks auf unbrauchbare weil eingeschränkt nutzbare Inhalte schnell der letzte Klick sein können, und der nächste Artikel ist eben nur einen Klick entfernt.
(via)
- „das Internet“ [↩]