Donezk, wie Sarajevo, nur woanders
Vor über zwanzig Jahren saß ich fassungslos den Auswirkungen dessen was vorschnell als Ende des Kalten Kriegs gehandelt wurde: Um Sarajevo hatten vom Rumpfstaat Yugoslawien geführte Separatisten die Großstadt Sarajevo eingekesselt. Nachdem das Einkesseln nicht schnell genug seine Wirkung entfaltete ließ man Scharfschützen auf Zivilisten feuern, ganze Straßenzüge verminen und der Stadt durch permanenten Beschuss mit Granaten aus Mörsern keine Ruhe mehr.
Zigtausende kamen seinerzeit unter den Augen der Weltöffentlichkeit um. Das einzige wozu sich dieselbe in Vertretung ihrer Führer durchringen konnten eine ausschließlich zum Selbstschutz bewaffnete Blauhelmtruppe war, die Kriegsverbrechen beobachtete, katalogisierte und kartographierte. Den aktivsten Beitrag der hatten die aus aller Herren Länder rekrutierten Soldaten vor allem dabei mit den aus einem Land entsandten Söldnern und in ihrer Freizeit mordenden Serben bei ihrer Arbeit zu unterstützen oder sich selbst zu schützen.
Die einzige Konsequenz aus dem Massaker von Sarajevo sollte eine europäische Taskforce sein, mit deren schnellem Eingreifen verhindert werden soll. Nun, 2014, 22 Jahre später also, ist die schlichte Analyse der weitgehend selben Politiker: Eine solche multinationale Truppe konnte seither weder vereinbart werden geschweige denn das sie einsatzbereit wäre um etwa in Donezk einzugreifen.
Donezk, eine Millionenstadt im Osten der Ukraine, wird angeblich von Separatisten kontrolliert, die angeblich von Russland unterstützt würden.
Nun fehlen dafür nach Monaten militärischer Auseinandersetzung und trotz internationaler Beobachter zwar der Beweis. Vielmehr werden einfach immer neue Behauptungen in den Raum gestellt, etwa zu dem Konvoi der aufgrund seiner Farbgebung schwer an die damaligen UNO-LKW erinnert. Der Trick der russischen Propaganda ist legitim, wenn nicht sogar sehr feinsinnig, ruft er doch gerade jene Hilfslieferungen in Erinnerung.
Trotzdem zieht Babybrei und Windeln so viel Zorn auf sich, das man meinen könnte das sei der »Anfang einer russischen Invasion?« ereiferte sich eine Schlagzeilenschleuder. Süddeutsche erkennt einen in russischem Hilfstransport einen »geheimnisvollen Konvoi mit unbekannter Ladung«
Sogar so genannte Presseagenturen beteiligen sich an dem Laienschauspiel: dpa sieht einen »bizarren Personenkult um Putin auf dem Zenit seiner Macht« Dabei unterliegt das ehedem linke Blatt einer kognitiven Dissonanz, denn der mindestens ebenso brutal agierende, Menschen- und Völkerrecht ignorierende Obama wurde ebenfalls und von öffentlich wahrnehmbarer Kritik unbelastet auf T-Shirts und Tassen gefeiert.
Trotzdem ist es Friedensnobelpreisträger Obama, der gern weiter Waffen an Russland liefern „möchte“, zugleich aber den Europäern ein Embargo aufdrängt, das nur denen als „uns“ europäischen Volkswirtschaften schaden kann: Russland pflegt nur nachrangig wirtschaftliche Beziehungen zu den USA, wohingegen Russland gerade zu Europas Exportland #1 avancierte. Und mal angenommen die Russen unterstützen die Separatisten in der Ukraine tatsächlich mit den von den USA gelieferten Waffen, direkt oder indirekt? Dann könnte man mit Fug und Recht behaupten: In Donezk, das derzeit unter Granatfeuer der ukrainischen Armee liegt, wird das selbe Exempel statuiert, das im bosnischen Sarajevo schon einmal unmittelbar zigtausende Menschenleben kostete und als Genozid angelegt war.
Barbarei wurde noch nie so wohl orchestrierte von westlichen Medien unterstützt wie zur Zeit. Selbst weite Teile der einst so friedfertigen 67er Generation gehorcht auf das Kommando aus den Chefredaktionen, deren Agenda von den Verlegern diktiert wird, die für billige Brosamen wie dem Leistungsschutzrecht auch schon mal ihre journalistische Unabhängigkeit an den Nagel hängen. Die kompromisslose NATO-Osterweiterung, wenn nötig unter Anwendung von Waffengewalt, scheint das neue allem untergeordnete Paradigma europäischer Sicherheitspolitik. Witzig, das die selbe Sicherheitspolitiker auch zwanzig Jahre nach Sarajevo noch einräumen müssen: „Die einzige Konsequenz, die Bildung einer schnellen europäischen Eingreiftruppe, die nun in Donezk eine Pufferzone einrichten könnte, haben wir nicht hinbekommen.“ Das besorgen jetzt Milliardenkredite an eine demokratisch nicht legitimiert ukrainische Regierung, die mit horrenden Summen junge Männer für den Dienst an der Waffe rekrutiert und in Crashkursen mit etwa 500 US-Militärberatern dazu ausbildet, Mitmenschen möglichst effektiv zu ermorden.
Ein ekelhaftes Geschäft, das mit den Waffen.