Leserbrief ins Sommerloch
Hundert und ein paar zerquetschte Tage ist das neu gewählte hessische Parlament jetzt im Amt, und schon wieder in der Sommerpause. Abgesehen von einzelnen zukunftsweisenden Gesetzen wurden vornehmlich Schlagzeilen produziert, von der mich heute früh eine dermaßen aufgeregt hat, das ich mal wieder zum Leserbriefschreiber mutierte.
Herr Blum, Abgeordneter der FDP aus Darmstadt, wärmte auf was zuletzt im März als Rechtsbruch kolportiert, aber von der Bundesanwaltschaft vor wenigen Tagen zum wiederholten Male als »mit demokratischen Prinzipien (…) vereinbar und verfassungsrechtlich unbedenklich« eingeschätzt wurde, nämlich auf die »Einhaltung der Partei- und Fraktionslinie« zu drängen, auch unter Androhung parteiinterner Konsequenzen. Dieses Mal hatte es Patrick Koch, Fraktionskollege und politischer Weggefährte von Dagmar Metzger, gewagt auszusprechen was in Partei und Fraktion vermutlich Viele denken.
Nicht nur zur Nabelschau, Kommentare ausdrücklich erwünscht, hier mein morgendlicher Leserbrief:
Herr Blum und sein Vorsitzender führen mit ihrer Blockadehaltung das parlamentarische System vor, indem sie aus persönlicher Verbundenheit heraus nicht von ihrem Status als Appendix der Christdemokraten abrücken. Insofern sollte sich die FDP einmal an die eigene Nase fassen.
Befremdlich ist Herrn Blums Abneigung gegenüber einer Ampel-Koalition auch, weil er in seinem eigenen Wahlkreis seit 2006 einer solchen angehört. Klientelpartei hin oder her, als viertstärkste Partei und Juniorpartner dieser Koalition gelingen ihnen hier erstaunliche Zugeständnisse ihrer Partner, Zugeständnisse deren sie sich wohl auch auf Landesebene sicher sein dürfte.
Will man also nur den CDU abgetrotzten Wählern gefallen und der geschäftsführenden Regierung ihre Posten sichern?
Nun, damit hatte ich meinen Frust kanalisiert und war glücklich, veröffentlicht würde es ohnehin nicht, dafür war das Statement zu belanglos. Trotzdem blätterte ich im Anschluss an meine letzte Klausur im neuen Semester vor bis zur entsprechenden Seite.
Update: Am selben Tag, in einer anderen Zeitung wird Leif Blum nochmal im selben Zusammenhang zitiert, dieses Mal kritisierte er den Koalitionspartner Die Grünen und ihre Forderung nach Neuwahlen als »verantwortungslose Effekthascherei«. Geht es nur mir so, oder spricht hier die nackte Angst durch Neuwahlen hervorgerufenen Abgleitens zurück in die Bedeutungslosigkeit?