Kommunalwahl(-kampf) 2011 in Darmstadt in Bildern
Was ist nur aus der Darmstädter CDU geworden? Vom Befürworter des Atomkraftwerk in wenigen Flugminuten Entfernung zu deren klarer Gegner, von der „Verspargelung der Mathildenhöhe“1 im Landtagswahlkampf 2008 zum willigen Koalitionspartner der Darmstädter Grünen. Und die Grünen erst, nach zwei Jahrzehnten Regierungsbeteiligung gerierten die sich ja plötzlich als Neuanfang.
Brigitte Lindscheid’s Ziele für Darmstadt
Ehrlich währt am längsten: Brigitte Lindscheid’s Ziele für Darmstadt: 10. April Jochen Partsch wählen! Jedenfalls wenn es nach den „Störern“ genannten Plakaten geht, die die Plakate der Grünen – hier in diesem Fall eines von Brigitte Lindscheid, zieren, und so zum Ausdruck brachten, dass das einzige ZIel der Darmstädter Grünen sei, Jochen Partsch zum neuen Oberbürgermeister zu machen. Das haben sie letztendlich geschafft, und bisher nicht mehr. Langfristig stellt sich allerdings die Frage: Genügt es, die Macht zu übernehmen, oder sollte man sie nicht auch ausüben?
Dagegenpartei manifestiert sich in Materialien
In Frankfurt, wo die Grünen bereits vor 2011 „erfolgreich“ mit den ebenso konservativen Christdemokraten unter Petra Roth sogar den Flughafenausbau trugen, versuchte man mittels Inszenierung über Materialien den Eindruck zu erwecken, aus der Regierung heraus gegen etwas zu sein. Selbstverständlich sind die grünen Mitglieder des Magistrat und in der Stadtverordnetenversammlung trotzdem allzeit bereit die allgegenwärtige Überwachung Frankfurts öffentlicher Plätze zu tragen. Für ein billiges Manöver reichte es im Wahlkampf aber noch.
FDP B(undes)prominenz mit falschen Versprechungen auf Halbmast
Entblößt zeigte sich diese Unterlage für ein anderes Plakat der FDP. Hier versucht FDP B(undes)prominenz zu verkaufen, das Freiheit wählbar sei, vermeidet aber zumindest in der übrig gebliebenen oberen Hälfte, das damit auch die Freiheit zur Wahl an sich gemeint sein könnte, und also auch FDP eben nicht zu wählen. Die Freiheit nahm sich der Darmstädter Wähler dann auch, und wählte die Regierungspartei a.D. mit 2% und 2 Stadtverordneten direkt in die Opposition.
FDP lädt (zu) SPD Stadtverordneten a.D. ein
Mit Sicherheit eine Kapazität auf dem Gebiet, Dr. Michael Hüttenberger, aber auch ein ehedem selbst als Stadtverordneter der Darmstädter SPD-Fraktion angehörender Genosse, den die FDP zu einer Veranstaltung zu weiterführenden Schulen eingeladen hat.
vorläufige Wahlniederlagenergebnisanalyse live
Da wurden Genossen ebenso rar wie im darauf folgenden Stichwahlkampf: Als die Wählerinnen und Wähler den Kuchen aufgeteilt hatten, den die Nichtwähler hinterlassen hatten, war das größte Stück davon ein Grünes. Gegen 18 Uhr, mit Schließung der Wahllokale und Verkündung der ersten Ergebnisse war sogleich von optimistischem Getöse auf Analyse geschaltet worden, hier und bei der anschließenden Wahlparty im Waben waren die Gesichter so lang wie die Litanei die zur Rechtfertigung der bitteren Niederlage herangeführt wurde. Doch die Quittung war zu dem Zeitpunkt längst nicht perfekt, schließlich stand noch die Stichwahl zum Oberbürgermeister an, in der sich der Amtsinhaber Walter Hoffmann gegen den Jochen Partsch von den Grünen durchzusetzen hatte.
64 lauscht Frank-Walter Steinmeier von einem Stehplatz
Ein Selbstportrait von Spitzenplatz #64: Bereits in der Vorbereitung des Wahlkampfes, direkt nach dem bis dahin (in den Augen vieler darauf vertretener Genossinnen und Genossen) wichtigsten Ereignis, der Aufstellung der Liste, litt man als einer der weniger gut platzierten Kandidaten unserer Partei unter Informationsmangel, an dem auch interne Newsletter nichts zu ändern vermochten: elementare Ereignisse, wie der „spontane“ Rücktritt Einzelner von der Liste un die sich damit ergebende Änderung beispielsweise meines eigenen Listenplatzes von 66 auf 642 wurden nicht mitgeteilt.
Kandidatenplakate der SPD Darmstadt
Jede lokale Untergliederungen, im sozialdemokratischen Jargon „Ortsverein“, wurde eingeräumt, sich und seine Kandidaten in den jeweiligen Vierteln und also mit Lokalkolorit versehen ablichten zu lassen, sodass diese Collage authentisch wirkender Plakate zustande kam, die bei einer zentralen Veranstaltung aufgehängt wurde. Was dabei offenbar wurde: Mancher Ortsverein hatte sich und seinen Kandidatinnen und Kandidaten mit deren Namen versehen abdrucken lassen. Im hessischen Kommunalwahlrecht mit Kummulieren und Panaschieren ein klarer Vorteil, von dem die meisten Wahlkämpfer erst durch diese Zurschaustellung erfuhren, weil die sich derart zur Schau stellenden Genossinnen und Genossen nicht gerade in einem zentralen Stadtteil um Stimmen rungen, sodass man an deren Plakaten seltener vorbei kam. Zufälle gibt es!
Red-light district SPD Darmstadt, oder Inszenierung ist Alles
In Darmstadt gibt es keinen stationären „Red-light district“, wie man ihn aus Großstädten kennt. Den gab es scheinbar in der Stadtmitte einmal, woran eine Bauruine erinnert, doch wie „Säufer“ sind Prostituierte per Satzung und mittels Bannmeile an den Stadtrand, in Nähe des Hauptbahnhofes unübersehbar präsent und in der Nacht auf sich in ein Industrie abgestellt. Im ansonsten von der Stadtverordnetenversammlung und Karnevalsvereinen genutzten Saal des Justus-Liebig-Haus inszenierte meine SPD bzw. deren Eventmanagement einen ganz eigenen „Red-light district“, der die Besucher der Veranstaltung wohl in Stimmung bringen sollte. Da den Redebeiträgen des Spitzenkandidaten noch die des Partei- und Fraktionsvorsitzenden voraus und so Stunden ins Land gingen, war die Stimmung ebenso wie die Luft längst raus, als die Lampen ihre Betriebstemperatur erreicht hatten. All die professionelle Inszenierung hilft nicht gegen und über strukturelle Defizite hinaus.
BI SOS Museum Sander mit freundlicher Unterstützung von Peter Benz
Und wo wir gerade bei strukturellen Defiziten sind: Inmitten des Wahlkampfes drängelte sich dann ausgerechnet der frühere Amtsinhaber Peter Benz an die Seite derer, die das vom Oberbürgermeister mit eingefädelte Museum Sander zu verhindern versuchte. Als kundiger Führer einer Begehung der Mathildenhöhe lies er sich damit vor den Karren dem sozialdemokratischen Amtsinhaber zuwiderlaufenden Beschlüsse torpedierender Gelegenheitsklientelwählerschaft spannen, die es vermocht viel Aufmerksamkeit zu erregen, und damit eines der schwerwiegendsten Themen im Wahlkampf zu setzen. In so einer Situation erinnert sich ein intelligenter, bescheidener, ja überhaupt ein Genossen an den Grundwert der Solidarität und gießt nicht noch Öl ins Feuer. Peter Benz und andere hätten besser daran getan einfach die Beine still und unter dem Tisch zu halten als Wahlkampf in fremder Sache zu machen. Genossen können das, ehemalige Würdenträger wie Wolfgang Clement, Günter Metzger und Peter Benz scheinen sich schwer daran zu tun Politik denen zu überlassen, die sie inzwischen beherrschen. Für einen kurzen Augenblick wollen sie wieder mitten ins Geschehen und reißen damit über Monate vorbereitetes mit dem Arsch wieder ein.
Zwischen Michael Siebel und Hanno Benz geht nur ein Plakat
Zwischen Michael Siebel und Hanno Benz geht allenfalls ein Plakat – von Walter Hoffmann. Im obigen Bild 3 jedenfalls. Im Vorfeld des Wahlkampfes hatte man ja in die Öffentlichkeit wirksam gegeneinander gewirkt. Mit den „Beschlüssen von Weimar“ hatte sich der damalige Parteivorsitzende und Kämmerer a.D. Wolfgang Glenz ein Denkmal gesetzt: Wahrgenommen und in der veröffentlichten Meinung so wiedergegeben hatte er sich geopfert, um dem fragilen Bündnis der Darmstädter Großkopferten in der SPD eine Chance zu geben. Das wie alle hier zur Schau gestellten Begebenheiten wurden schließlich größtenteils in der Presse lanciert anstatt intern diskutiert. Demontiert hat sich die Darmstädter SPD zwar aus sich heraus, ihren Anteil daran hatten aber vor allem die großartigen Strategen, die sich mit derlei Indiskretionen strategische Vorteil zu schaffen versuchten. Drei „Persona non grata“ hätte das im Normalfall hervorrufen müssen, in einer Partei deren Reflexe funktionieren. Bislang wirkt der neue Vorsitzende aber nur wie einer von Gnaden der selben Drei. In wenigen Tagen kommt die Darmstädter SPD zum Parteitag mit Wahlen zusammen. Dann wird sich zeigen, ob man den Neuanfang geschafft hat, oder der nur ein Übergang zu alten Trott darstellte.
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