Digitaler Erstschlag
Wie Heise berichtet, »übt Bundeswehr Cyberwar«, genauer: den digitalen Erstschlag gegenüber Dritten. Ob Nationen, Organisationen und/oder Einzel- als Zielpersonen anvisiert werden, geht aus dem Bericht an den und im Verteidigungsauschuss oder zumindest dem Bericht darüber nicht hervor. Vielmehr Bedenken, die Mikko Hypponen im F-Secure-Blog bereits angedeutet hatte und denen man sich bei den Streitkräften, im „Verteidigung“sministerium und den Regierungen Deutschlands, der USA und der anderen zum digitalen Erstschlag befähigten Länder offenbar nicht im Klaren ist oder sein will:
Insofern es überhaupt zu einer halbwegs tauglichen Truppe gereicht haben sollte, die in ihrem Biotop den Ernstfall geprobt hat, ist sie nie mit einem echten, höchstwahrscheinlich überzähligen und höher qualifizierten Gegner in Kontakt gekommen. Soll heißen: Die selbe Organisation über die bereits vielfach berichtet wurde, das sie ihre Computer nicht vor Attacken Dritter abschirmen kann, verlautbart plötzlich sich als „zum Angriff befähigt“ zu betrachten. Obwohl allenfalls ein paar hundert Geringqualifizierte einem Heer Hacker gegenüber stehen, deren über Jahrzehnte gesammelte Erfahrung nicht durch sinnlose Gesetzgebung1 in ihrer spielerischen Entfaltung behindert wurden.
In Bonn scheint eine Horde Möchtegerns über ihren Verstand hinaus gewachsen. Als Nerds in Uniform müssen sie ihren Vorgesetzen durch das Hacken dessen Heimcomputers davon überzeugt haben, sie seien für den Auslandseinsatz gewappnet. Die Truppe, die im Zweifelsfall auf Demonstranten, sich selbst oder im Zweifelsfall den missliebigen Kameraden erschießt, über deren geheime Einsätze bei der Liquidierung hierzu deklarierter Terrorristen ebenso wenig bekannt ist wie zum neuen Anwendungsfall, erdreistet sich nach gerade einmal zwei Jahren Feldtest im Sandkasten zum Ernstfall tauglich zu melden. Während im deutschen Kanzleramt Regierungskrisensitzungen nur von einem „geheimen IT-Gifel“ zur Rettung der hiesigen Inforationstechnologie unterbrochen wird, scheint der allenthalben herrschente Fachkräftemangel der Branche im Bonner Biotop der Bundeswehr, Abteilung „Cyberwar“, aufgehoben. Quasi von heute auf morgen entstand wozu im unternehmerischen Umfeld Jahrzehnte nötig sind – allein für die Qualifikation von Fachkräften in der Branche und für keinen anderen Aspekt der ansonsten sehr agilen Informationstechnologie gilt schließlich wie in jeder anderen Branche: Es braucht lange Zeit Aufgaben in möglichst kurzer Zeit bei hoher Qualität abzuliefern, und nennt sich Erfahrung.
Unter dem Deckmantel der verschiedensten Geheimhaltungsgrade wurde mal eben eine neue Waffengattung geschaffen, deren Erfolg oder Misserfolg aufgrund der nötigen Vertraulichkeit unter Beweis gestellt werden wird, deren Gefährdungspotential für den jeweils dazu ausgerufenen „Feind“ wie für die hiesige Infrastruktur unkalkulierbar ist. Geht von deutschen Boden wieder Krieg aus, und sei es „nur“ ein digitaler Erstschlag, dann ist die Bundeswehr der letzte Karnevalsverein, der mir zu unser aller Verteidigung in den Sinn käme. Im grenzenlosen Krieg gegen terroristische NGO oder missliebige Despoten, den die USA über Drohnen mit tödlichen Waffen führt, will Deutschland mit der Bundeswehr scheinbar „sauber“ durch Eingriff in Computersysteme führen – ganz ohne Auslandsmandat und Verfassungswidrig „im Innern“. Wenn uniformierte auf frischer Tat ertappt würden, wäre Vergeltung wie beim Atomkrieg unausweichlich. Dann hieße es, sofern überhaupt noch Zeit bleibt, Koffer packen und Beine in die Hand nehmen.
Wenn es dagegen zu unglücklichen Situationen kommt, beispielsweise weil die
- Stichwort: Hackerparagraph und andere [↩]