Verpixelung von Darmstadt bei Google Street View boykottieren
Darmstadt hat vor über einem Jahr durch Pressemitteilung darauf hingewiesen das Widersprüche gegen Google Street View auch in Darmstadt möglich sei. Bedeutungsschwanger meinte Stadtrat Dr. Molter seinerzeit, das »Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist wesentliches freiheitliches Grundrecht jedes Einzelnen«, und schürte damit irrationale Ängste. Dazu gesellt sich das Darmstädter Regierungspräsidium, das sich sogar für einen Hinweis auf den Beschluss des Düsseldorfer Kreis nicht zu schade ist – einem demokratisch nicht legitimierten Gesprächskreis ohne eigenen Rechtsstatus, vom Rang her also Stammtischreden gleichbedeutend. Ilse Aigner schließt den Reigen der sich unqualifiziert in der Sache Äußernder und rundet das Personaltableu „Wider Street View!“ ab. Das verfängt, wird zum neuen Volkssport, so sicherlich demnächst auch im Darmstadt. In Darmstadt war die Fahrzeugflotte von Google bereits 2008 und 2009 unterwegs. Veröffentlicht wurde das Material indes noch nicht.
Widersprüche hingegen sind trotz fehlender Rechtsgrundlage jederzeit möglich und werden unbürokratisch von Google bearbeitet. Offenbar wird bei Eingang eines Widerspruch erstmal großzügig verdunkelt, jedenfalls ergab sich bei einer Stadtrundfahrt durch meine Kindheitserinnerungen folgendes Bild:
Nach der Verdunkelung befinden sich verpixelte Flächen an Fassaden. Auf Verdunkelung folgt also Verpixelung. Was das allerdings im Stadtbild von Street View anrichtet, kann man am Beispiel Frankfurt am Main sehr schön nachvollziehen: An den öffentlichsten Orten der Stadt befinden sich riesige verpixelte Flächen, weil natürlich nicht ein einzelnes Fenster oder Stockwerk verpixelt wird, sondern die gesamte Fassade.
Verhindern lässt sich die Veröffentlichung von Bildnissen des öffentlichen Raums ohnehin nur bedingt. Das bei Google Street View verpixelte Gebäude beispielsweise das sich hinter dem schwarzen Vorhang verbirgt ist via Panoramio erfasst. Der Name des Urhebers kann auf einen Tourist hindeuten. Dessen Veröffentlichung aus dem/im Ausland zu verhindern dürfte hiesigen Privatsphäre beanspruchenden Bewohner verpixelter Behausungen schwer fallen. Noch zudem war der öffentliche Widerspruch gegen andere Datensammlungen – Vorratsdatenspeicherung oder den laufenden Zensus beispielsweise, gering. Oder ich habe die Großdemonstration gegen die Volkszählung 2.0 und deren Boykott durch Privatsphäre hungrigen Darmstädter verpasst. Um Datenschutz kann es denjenigen demnach nicht gehen, auch wenn der berechtige Einwand „Privatunternehmen ./. Staat“ sicherlich etwas hat, sind doch andere Datensammlungen weitaus bedrohlicher für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Wer sein Haus verpixelt, seine Adressdaten aber vom Einwohnermeldeamt an jeden Interessenten verkaufen lässt, handelt nicht ganz Widerspruchsfrei.
Bei den wunderschönen Fassaden aus der Darmstädter Gründerzeit dürfte viel Widerspruch dazu führen, dass das bei Touristen zur Tourplanung sehr beliebte Google Street View nur mittels Panoramafreiheit gerettet werden kann. Meine Wenigkeit hat sich daher vorgenommen, jedes einzelne verpixelte Haus persönlich zu fotografieren – so es dem künstlerischen Gesamtbild der Stadt zuträglich ist, die 1960er Jahre Bausünden können gern verschleiert bleiben. Und ich werde dazu aufrufen, das Darmstadt sich selbst fotografiert, um zu verhindern das durch den Einspruch Einzelner das Gesamtbild der Stadt beschädigt wird.
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