Dem Tot auf die Schneeschippe gegangen.

Geschmackloser Titel, findest du? Lies weiter.

Eine Stunde hat es gedauert, dann hatte der unselige Smalltalk endlich ein Ende. Das mag nochnicht einmal daran gelegen haben, das ich im Telefonat mit meiner Frau in meiner neuen unflätigen Weise die Pietätlosigkeit meiner Mitreisenden lautstark kritisierte.

Das Schneetreiben hatte Deutschland wohl überrascht, die Räumfahrzeuge sind im Einsatz. Das konnte man auf der Website des Hessischen Rundfunk nachlesen. Von dem wenige Meter vor uns über einen Menschen hereingebrochenen Schicksalsschlag liest man dort noch nichts. Nur über die Durchsage des Zugbegleiters, der erst von der baldigen Umkehr aufgrund Streckensperrung kündete, um dann zu vermelden das wir doch nicht umkehren, sondern auf unbestimmte Zeit auf der gesperrten Strecke verweilen. Vor uns, so seine Worte, gäbe es einen Notarzteinsatz am Gleis. Wenig später verlautbarte der hörbar geschockte Bahner, die Person im Gleis sei verstorben. Ganz so pietätvoll hielten es meine Mitreisenden wie gesagt nicht.

Den anfänglichen Zweifeln am Wahrheitsgehalt der Durchsagen über die Ursachen der Verspätung wich Betroffenheit, und zwar über die Auswirkungen dieser Verspätung auf das eigene Leben. »Und ich kann morgen [ihrem freien Tag! wie man zu hören bekam] erklären, warum ich meine Verkaufszahlen nicht weitergegeben habe.«

Den Radiomeldungen sei zu entnehmen, auf der Autobahn gehe ohnehin auch nichts mehr. Und die Bahn habe natürlich das Taxi zu bezahlen, wusste eine der beiden Damen wohl schon aus eigener Erfahrung der anderen Frau mit den selben Erfahrungen zu erzählen.

Als wir den Ort des Geschehens dann ohne Halt passieren, das Blaulicht auf der geschlossenen Schneedecke reflektiert, wird massenhaft Polizei mit einem seichten »Aha.« zur Kenntnis genommen. Jetzt nahm der Zug wieder deutlich Fahrt auf, und man spürte das der Lokführer das nicht zum Aufholen der Verspätung tat, sondern vielmehr um die Gaffer nicht zu bedienen. Das Blaulicht habe ich dann auch begafft, mit der nötigen Andacht.

Den dümmsten Spruch aber werde ich so schnell nicht vergessen: »Ein Toter ist jetzt auch mal was.« Ekelhaft.

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