Retrospektive #7 Jahrgang 1
Konservative gegen Rechts
Leider zieht eine konservative Volkspartei schon per Definition auch derlei Gedankengut an, und dies auf die Landesverbände und ihre Stahlhelm-Fraktion in Hessen oder die ‚Schwesterpartei‘ im Europawahlkampf einzugrenzen greift zu kurz. Überdies zeigt die nun Jahrzehnte praktizierte Taktik der Christdemokratie, sich als letzter Außenposten vor dem Rechtsextremismus zu präsentieren, letztlich nur zweierlei ganz anschaulich: Viel, viel mehr Zulauf für Rechtsextreme in deren klassischen Gefilden, von REP bis NPD. Viel, viel weniger Bange davor rechtskonservatives Gedankengut frei in der eigenen CDU/CSU zu äußern auf der anderen Seite.
Kommentar zu »Die CSU und die “Türken-Gabi”« bei sprengsatz mit besonderem Hinweis darauf, wo wir 2009 mit konservativer Leitkultur wieder angekommen sind:
Verkehrte Welt: Während Neonazis demonstrieren, wird einer Passantin nicht nur ihre israelische Flagge abgenommen, die sie zum spontanen Protest dem braunen Mob entgegenhielt, sie sieht sich zudem dem Vorwurf ausgesetzt, eine nicht angemeldete Demonstration durchgeführt zu haben.
Wie sieht Google aus?
Wer schon immer mal Google Data Center von innen sehen wollte, bekommt in diesem Video von Google Gelegenheit. Hochkompakt, Video wie Rechenzentrum:
Polizistenprügel
Leider auch schon etwas älter, aber ganz gewiss eine Erwähnung wert, weil G8/20- und NATO-Gipfel traditionell Veranstaltungen sind, von denen Mainstream-Medien wechselseitig vom randalierenden Mob und unheimlich geschäftigen Staatsfrauen und -männern mit den immer selben Phrasen berichten. Wenn, wie in Italien geschehen, wütende Polizisten einen linken Demonstranten auf offener Straße und vor laufenden Kameras erschießen, eskaliert die Situation aber meist hausgemacht und nur vor den Toren der Veranstaltung, während drinnen zumeist belanglose Unterhaltungen geführt werden – weil alles einem Protokoll vorher abgestimmter Vereinbarungen und gegenseitiger Gepflogenheiten unterliegt. Jedoch, wenn Medien genau so eingeschränkt und an der Nase herumgeführt werden wie Demonstranten, wenn sie sich nicht in Medienzentren auf- oder einfach nur heraushalten, geschieht, was noch am selben Tagen aus dem Medienzentrum kolportiert wurde, weil es von der Pressestelle der Polizei so wiedergegeben wurde und trotzdem schlicht gelogen war: Ian Tomlinson, der gerade von seinem Arbeitsplatz nach Hause schlenderte, starb zwar an Herzversagen. Zuvor wurde der 47-jährige Zeitungsverkäufer mit Händen in den Hosentaschen auf dem Heimweg grundlos von einem Polizisten zunächst mit einem Schlagstock traktiert, und dann vom selben Polizisten unter den Augen einer aggressiven Hundestaffel zu Fall gebracht. Momente später verstarb der Mann im besten Alter, von dem seine Familie erfahren sollte, er sei auf dem Weg von seinem Arbeitsplatz an einem plötzlichen Herzanfall verstorben. Allerdings dokumentierte eine Kamera den Vorfall, der Film fand binnen Stunden zu YouTube, trat von dort aus den Weg um die Welt und zurück zum prügelnden Polizisten an: Dessen Vorgesetzte erklärten Polizistenprügel zum Einzelfall, machten ein Bauernopfer und erklärten sich ansonsten keiner Schuld bewusst.
Sydney versinkt in »red dust«
Tom Coates hat mit »red dust« eine Galerie großartiger Bilder aus dem im roten Wüstensand versinkenden Sydney zusammengestellt. Hiermit hat er mich auch auf das "neue" Feature aufmerksam gemacht, mit denen flickr von Yahoo! Kurratoren gewinnen will, die zu bestimmten Themen die besten Bilder zusammenstellen sollen. 18 an der Zahl sind in jeder Galerie möglich, und ich denke ich versuche mich mal mit dem Wahlabend, und bin gespannt wie viel »social media« dann noch hergibt, wenn der Kuchen verteilt ist.
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- Was liegt wie Blei in den Regalen der Banken, "gifte Papiere" etwa? Nein, die Spekulation sind längst wieder in vollem Gange.
- Großartige Arbeit hat Daniel Schultz von der presseschauer geleistet, indem er den Feldzug gegen die Verfassung, die von Bundesministerin von der Leyen erzwungene Zensur von Internetinhalten "im Kampf gegen Kinderpornographie" auf insgesamt über 30 Seiten vom ersten feuchten Traum der Ministerin bis zum Beschluss im Juni diesen Jahres unter dem Titel »Zensursula eine Rückschau« dokumentiert.
- Während RWE für Atomkraft demonstrieren ließ und Roland Koch als Alleinunterhalter sein Atomtheater aufführen durfte, demonstrierten in Berlin 50.000 für saubere, bezahlbare Energie.
- Während 60 Jahre Bundestag zelebriert wird, gerät 40 Jahre UNIX etwas ins Hintertreffen.
- Falsche Kameraden, biedere Fassaden berichtet aus der Perspektive Aussteigers aus der rechtsextremen Szene, wobei zur Abwechslung einmal ein überzeugter Nationalist zur Sprache kommt, der seine Ansichten wohl nicht mit dem Parteibuch abgegeben, mit dem Ausscheiden aus der Szene wohl aber auch nicht abgelegt hat.
- Groß-Unternehmer, CDU-Mitglied, vormals Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr in Schleswig-Holstein, mit dieser Aufzählung der Funktionen von Werner Marnette leitet Chris auf F!XMBRseine Leseempfehlung zum HSH Nordbank-Skandal ein, und auch der Spiegelfechter nimmt sich der HSH in einem Beitrag an. Der hat bekanntlich neulich hingeschmissen im hohen Norden, und nun ausgepackt im Spiegel. Was dabei zu tage trat, wie unverantwortlich Länderchefs Kleinstaaterei betreiben, da frage ich mich allen ernstes, wie Ole von Beust und Peter Harry Carstensen noch vor die Presse treten können, ohne ganzen Schuhläden ausweichen zu müssen.
- 22 Jahre nach einem Urteil überwinden sich Hessens Christdemokraten eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Kenntnis zu nehmen, in der eine Übertragung von Reststrommengen auf Biblis A abschlägig beschieden wird. Mehr muss man über die zukunftsfähigkeit der hessischen CDU wirklich nicht mehr sagen, wäre da nicht der neue Generalsekretär, auf den ich aber später noch zu sprechen komme.
- »Es war nicht alles schlecht im Kapitalismus« Recht hat er.
- Wie so oft schon in seiner Geschichte übt das BSI1 Kritik an unverstandener Technik, Google Wave und erntet Häme, von Google selbst und von Fachleuten aus der Informationstechnik. Vor zehn Jahren machte sich das Bundesamt erstmal in aller Öffentlichkeit lächerlich, indem es von JavaScript ausgehende Gefahren viel mehr Gewicht zusprach, als von der Browsertechnologie tatsächlich ausging.
- Man kommt nicht mehr nach, bei den Amokläufern. Wieder ein Sportschütze, wieder die selbe Predigt: Wurden eigentlich Killerspiele auf dem Computer des 60 Jahre alten Täters gefunden? Wir brauchen keine strengeren Waffengesetze! Nicht nach Erfurt, Winnenden, sonst wo! WIR ! haben das im Griff.
- BILD hat erkannt, wie viel Potential eine gute Verlinkung der eigenen Geschichten einerseits und von der Zielgruppe Stammtischredner andererseits ausgeht. Deshalb veröffentlichte BILD 8 Tipps zum Thema Bloggen für Anfänger und ebnet seinen Lesern den Einstieg in eigene Publikationen. Wie viel letztlich auf Geschichten zurückverlinken, wird sich noch zeigen. Wiederkäuer sind Blogger jedenfalls nicht, nicht jedenfalls so wie manche Redaktion und in ihrem Verhältnis zu Agenturmeldungen. Süß fand ich jedenfalls die Behauptung, Blogger.de sei von Google.
- Zeiten ändern sich: Windows 7 wird bis zu 256 Prozessoren unterstützen. Mein erster PC verfügte nicht einmal über halb so viel Megabyte Festplattenspeicher.
- Zu guter Letzt noch etwas zum Ende der Finanzmarktkrise, deren Ende ist keineswegs nah: High Frequency Trader beispielsweise machen gerade so weiter als nichts gewesen, mit anderen schmutzigen Tricks und frischem Geld.
Retrospektive ist mein Format für all das, wofür ich keine Zeit hatte, aber was unter gar keinen Umständen unkommentiert bleiben darf. Retrospektive erscheint in loser Folge, zu willkürlichen Zeitpunkten, ein Anspruch auf eine Retrospektive entsteht dem Leser hierdurch nicht.
- Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik [↩]