Kontroverse um ICE-Halt in Darmstadt
Lange Zeit war der ICE-Halt in Darmstadt ein Zankapfel, und die sogenannte Bypass-Lösung das Ei des Kolumbus. Jetzt erhielt Oberbürgermeister hierfür einen Kostenvoranschlag und fiel aus allen Wolken: 112 Millionen solle die teilweise, direkte Einbindung des Hauptbahnhofes in die Neubaustrecke kosten. Geld über das Darmstadt nicht verfügt, weshalb OB Walter Hofmann kurzerhand die Notbremse zog.
Reaktionen, die das hervorrief, drängen nun den Verdacht auf, das alle an der sogenannten Konsens-Trasse Beteiligten unangeschnallt und mit Vollgas in neue Darmstädter Verhältnisse hinein fuhren. Neben den üblichen Claqueuren von der Opposition, allen voran Rafael Reißer von der CDU1, beharrt in Zeiten der Krise und einer fast schon als traditionell zu bezeichnende Haushaltssperre Hinz und Kunz auf eine Lösung die den ICE viertelstündlich mitten durch Darmstadt führt, zu einem Preis für das man Kloaken aller Darmstädter Schulen mit goldenen Wasserhähnen ausstatten könnte.
Tatsächlich lagen vage Schätzungen über eine entsprechende Einbindung des frisch sanierten Hauptbahnhofs längst vor. Darum muss man Oberbürgermeister Hofmann für seine Entscheidung mit Augenmaß eigentlich auf die Schulter klopfen. Darüber kann der leidenschaftlichen Porsche-Fahrer Leif Blum aber nur den Kopf schütteln – freilich nur wegen der mangelnden Abstimmung mit der Koalition, nicht wegen der Entscheidung an sich.
Während sich die Grünen ob der Entscheidung zufrieden zurücklehnen, weil sie in ihrem insgeheimen Wunsch nach einem Scheitern der mit einer weitreichenden Abholzung keinen innerkoalitionären Streit mehr eingehen müssen, hält auch unsere SPD-Fraktion im Stadtparlament unbeirrt an der ICE-Schneise durch weite Teile Darmstadts fest. Hierzu stellte Fraktionsvorsitzender Hanno Benz im krassen Gegensatz zum Oberbürgermeister Walter Hofmann (ebenfalls SPD) im Newsletter seiner Fraktion folgendes fest:
Wichtig ist eine gute Anbindung an den ÖPNV bei dichter Taktung, außer an den Hauptbahnhof insbesondere auch an den Luisenplatz und das Darmstadtium. Außerdem müssen genügend Park and ride Parkplätze dafür sorgen, dass der ICE-Halt auch angenommen wird. Zudem müsste der ICE öfter halten, als bei der Bypass-Lösung geplant, nämlich mindestens zwei Mal pro Stunde in jede Richtung.
Quelle: Newsletter der SPD-Fraktion Darmstadt2
Deutlich wird nur eines: Hier schreibt ein Autofahrer. Wer als Verantwortlicher einerseits eine »gute Anbindung an den ÖPNV bei dichter Taktung« fordert, andererseits Fahrpläne konkret so gestaltet das Straßenbahnen und Busse an allen wichtigen Bahnhöfen stets zur selben Zeit abfahren wie die ankommenden Fahrgäste aus ihren Zügen steigen, wirkt unglaubwürdig. Wer das Kongresszentrum »darmstadtium« an einen neuen ICE-Halt angebunden sehen will, muss sich fragen lassen, warum bislang lediglich eine Hand voll Straßenbahnen täglich das Kongresszentrum anfahren – deren Ziel auch noch Eberstadt ist. Wer viertelstündlich ICE durch Darmstadt führen will hat, ist überdies nicht nur Autofahrer, sondern hat sich auch noch nicht ein einziges Mal hinter das Steuer gesetzt um einmal eine Neubaustrecke inmitten einer Stadt in Augenschein zu nehmen.3
- Befürworter eines vierspurigen Ausbaus der Nordostumgehung [↩]
- Weitere Forderungen auf der Wunschliste habe ich mir jetzt mal gespart, können aber im Newsletter nachgelesen werden. [↩]
- im Landkreis bieten sich hier einige Gelegenheiten [↩]