Das antisemitische Aiwanger-Flugblatt

Flugblatt. Mit einem Flugblatt wirbt man für ein Straßenfest oder sucht nach einem entlaufenen Haustier. Dieses Schriftstück ist kein Flugblatt.

Die so genannte Flugblatt-Affäre des Aiwanger ist genauso wenig eine Affäre denn ein handfester Skandal, das antisemitische Flugblatt des Aiwanger kein Flugblatt sondern Hetzschrift.

Vor Gericht hätte die Verteidigung der beiden Aiwangers keinen Bestand, weil Erinnerungslücken, Widersprüche gegen eine ganze Reihe Eidesstattlicher Versicherungen und offenkundige Lügen von der Staatsanwaltschaft in der Luft zerrissen würden. Einerseits.

Andererseits haben wir in Deutschland auch eine gewisse Toleranz Intoleranten gegenüber entwickelt, und das beinah über einen Zeitraum hinweg, den das Dritte Reich  gern bestanden hätte.

In Deutschland wird Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen die hier geboren sind, deren Eltern bereits unsere Staatsbürgerschaft und die selbst die sinnlosesten Dialekte besser können als die Sprache ihrer Mütter und Väter allein aufgrund ihres Namens oder ihrer Hautfarbe Misstrauen entgegengebracht. Und das sogar, wenn ihr Name auf einer deutschen Uniform steht.

Demgegenüber haben die als #Itiotentreff bekannt gemachten Chats aus dem 1. Polizeirevier Frankfurt am Main nicht einmal wirtschaftliche Folgen für die Verfasser.

Beiden,

haben neben der Uniform eines gemeinsam: den Amtseid.

Und was hat das mit Aiwanger zu tun?

Aiwangers müssen sich nur mit einer Hand voll konfuser Erklärungen von sich selbst distanzieren, und zwar nicht von ihrem jugendlichen Selbst. Aiwanger hat eine zutiefst antisemitische Haltung gezeigt, die die allermeisten überzeugtesten Nationalsozialisten 1945 nicht einmal mehr hatten. Die  in vielen Medien verharmlosend als Flugblatt bezeichnete Hetzschrift von Aiwanger war keine Jugendsünde, die man abstreifen kann wie die Deutschen den Nationalsozialismus am 8. Mai 1945. Der in dem Pamphlet zur Schau getragene Hass ist nicht therapierbar, weil es sich nicht um eine psychische Krankheit handelt. Menschenverachtender Hass ist einmal angelegt lebenslänglich.

Ein Eid auf die Verfassung, wie von beamteten Polizist:innen gelobt, ist hingegen nur für die Dauer ihres Dienstes wirksam. Verlassen sie den Staatsdienst, sei es Alle Polizist:innen aus einschlägigen Chat-Gruppen haben allerdings eines mit Aiwanger gemein: Sie sitzen es aus, sie bauen auf das Ausschleichen ihres Dienstverhältnisses und hoffen zugleich, das sie von ihren Kolleg:innen nicht verraten oder wenn verraten vom Dienstvorgesetzten in Ruhe gelassen werden, bis zur Pension.

Für den Eid Aiwangers auf die bayrische Verfassung, geschworen bei Amtsantritt als stellvertretender Ministerpräsident gilt dasselbe. Er hoffte, das er das aussitzen könne. Das hoffte er auch noch am Tag nach der Wahl und seither.

So wie die Deutschen nach 1945.

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