Deutsche Leihkultur
Als wir vor geraumer Zeit aus einer Großstadt in einem hessischen Ballungsraum in den beinah ländlichen Raum von Esslingen am Neckar zogen, waren wir sehr glücklich in unserer Straße einen Nahversorger vorzufinden: Als ausschließlich mit Rad fahrende Neubürger war die gänzlich andere Topografie schon eine Herausforderung.
Man kann sich vorstellen, dass ein Ladengeschäft in derselben Straße bisher ein wichtiger Anlaufpunkt für uns wurde. Auf 767 Meter Luftlinie kam man zudem gerade mal auf 42 Höhenmeter. Das ist in Anbetracht anderer Steigungen, etwa in die Innenstadt: harmlos.
Zur geographischen günstigen Lage kam noch hinzu, dass das die regionale Supermarktkette eine mit sozialem Anspruch war: Die gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung gibt Menschen eine zweite und dritte Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Leider hat sich nunmehr ein Manko für ergeben: Wir hatten vor Wochen einmal keine Kohlensäure mehr, die wir normalerweise in Form von Tauschzylindern dort kaufen. Der, der uns verkauft wurde, war beim Kauf leer und musste wieder umgetauscht werden. Und da wir alsbald neue brauchten, wichen wir kurzfristig auf einen Mitbewerber aus. Dort gab es baugleiche. Genau die haben wir jetzt in der Filiale wieder durch andere umtauschen wollen. An der Kasse wies man das aber zurück. Diese Zylinder nehme man nicht zurück. Und damit wanderte der gesamte Einkauf zurück in die Regale und wir haben uns wieder dem Mitbewerber und dessen Eigenmarke zugewandt.
Dem Supermarkt habe ich geschrieben, was das für uns bedeutet: Kohlensäure statt Kisten schleppen ist für Menschen ohne Automobil in einer topographisch anspruchsvollen Region mission critical. Wenn die deutsche Leihkultur, die bisweilen dafür sorgt, dass man sogar Pfandgut mit einschlägigem Symbol von einem zum nächsten Laden schleppen muss, weil deren Automaten nur Flaschen und Dosen aus dem eigenen Sortiment annehmen, führt das nicht zur Akzeptanz der deutschen Leihkultur.