Breitbandausbau bestmöglich blockiert
Vor 30 Jahren beschloss die sozialliberale Koalition unter Helmut Schmidt einen Masterplan zur digitalen Erschließung aller Haushalte mit Glasfaser. Ein Breitbandnetz das laut Kabinettsbeschluss 2015 hätte fertig geknüpft sein sollen. Zeitgleich setzte sich Japan das selbe ehrgeizige Ziel: Jeder Haushalt sollte genau so wenig wie auf fließendes Wasser und Strom auf digitale Infrastruktur verzichten müssen. Heute hat Japan eine digitale Infrastruktur die sogar unter Industrienationen ihresgleichen sucht..
Und Deutschland? Deutschland dilettiert bis heute mit seinem von Dobrindt in acht (in Ziffer: 8) Jahren verhandelten „DigiNetzG“ (das wirklich so heißt) herum, um einen rechtlich-fiskalischen Rahmen zu schaffen, der den stockenden Netzausbau zum laufen bringen sollte. De facto sind bisher 8% (in Worten: acht Prozent) aller Anschlüsse per Glasfaser realisiert. Und mehr werden es mittelfristig nicht. Denn statt das wegen des DigiNetzG mehr wird trotz DigiNetzG demnächst weniger Breitbandausbau betrieben werden. Statt Rechtssicherheit haben die Kommunen, die den Großteil der Glasfaser auf der letzten Meile verlegt haben – vor allem wo die Telekom sich dessen verweigerte, weil es unrentabel sei – nun vor allem eines: Unsicherheit.
Die kommunalen Bautätigkeiten müssten eigentlich ruhen, bis die nächste Regierung das Gesetz wieder kippt. Denn bevor die Leerrohre der Kommunen unter dem Asphalt verschwinden bekommen die Mitbewerber, also auch die Telekom, baukostenneutral Gelegenheit ihre eigenen Leerrohre unter die Erde zu bringen. Während also die Kommunen alles tun müssen, um ihre maroden Straßen zu sanieren, und bei der Gelegenheit auch Leerrohre verlegen können, legen diejenigen, die den Breitbandausbau bislang blockieren ihre einfach daneben – gesetzlich reguliert.
Aber die nächste Regierung wird das Gesetz nicht kippen, wenn es die selbe ist; sie wird nicht eines das acht Jahre verhandelt wurde korrigieren, oder kippen. Das wäre das ultimative Schuldeingeständnis. Und es widerspräche ihr selbst.
Vor einer Woche haben die „Sondierungsteams“ eine rechtlich nicht bindende Vereinbarung getroffen: Alle Investivmittel für den Breitbandausbau sind gestrichen, stattdessen werden die Erlöse aus dem Verkauf von Mobilfunklizenzen zweckgebunden. Das klingt erstmal gut. Bis man sich vor Augen führt, was das bisher gebracht hat, und was es kosten wird. Der einzige Erfahrungswert in der Sache: Die erste bisherige Versteigerung von Mobilfunklizenzen im Jahr 2000. Damals bekriegten sich noch sechs ernst zu nehmende Bieter. Heute sind drei übrig. Und was brachte das dem deutschen Fiskus anno 2000? Etwas mehr als 60 Milliarden. Mark. Die geschätzten Kosten für den Ausbau einer konkurrenzfähigen Breitband-Infrastruktur belaufen sich auf einen seriös nicht näher zu beziffernde, dreistellige Milliardensumme. Den kleinsten Teil dessen macht der Tiefbau aus, anteilig an den Baukosten insgesamt wie auch für die nötige Infrastruktur insgesamt. Aber wie bei den Mobilfunklizenzen Luft zu Geld gemacht wurde, gilt auch bei der neuen Auktion: Dieser Einsatz muss erst wieder erwirtschaftet werden. Das war auch das erklärte Ziel der ersten Auktion: Einen möglichst schnellen Ausbau des Mobilfunknetz zu gewährleisten. Wer nicht gewährleisten konnte, bis zu einem bestimmten Termin mindestens einen bestimmten Schwellenwert der Bevölkerung durch seine Netzabdeckung zu erreichen, dem wurde die Lizenz schlicht wieder aberkannt. Und das Verfahren hätte bei den Leerrohren noch für den Glasfaserausbau auch zum Erfolg führen können. Stattdessen wird, wenn es gut läuft, einmalig ein zweistelliger Milliardenbetrag erlöst, in einen Fond versenkt, aus dem dann Mittel für den Breitbandausbau abgerufen werden können.
Oder auf gutdeutsch: Das ist ein Witz. Das ist der stete Tropfen, ein Rinnsal, lebenserhaltende Maßnahmen für einen ohnehin schon toten Netzausbau.
Keine Kommune wird ad hoc Investivmittel einstellen um marode Straßen zu sanieren, wenn ein solcher Fond nur ein Bruchteil der Kosten – und nur die für den Netzausbau werden abgegolten – deckt.
Sehen sie sich in ihrer Gemeinde mal um. Da wo die Schlaglöcher am größten sind, sind es auch die Haushaltslöcher. Kein Kämmerer hat das Geld locker sitzen, und schon gar nicht wenn sein Eigenbetrieb durch den für die Mitbewerber kostenneutralen Netzausbau vorangetrieben wird.
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