Das deutsche Problem
Deutschland hat noch immer ein Problem mit Zuwanderung.
Weder millionenfacher Mord an Juden, Andersdenkenden, Minderheiten in der jüngeren deutschen Geschichte noch 10 tote Migranten durch eine rechtsextreme Terrorzelle in der jüngsten konnten diese Bundesregierung davon abhalten die heutigen Kabinettsbeschlüsse in dieser unseligen Kombination zu fassen.
Einerseits will man, wenn das Kind in der Brunnen gefallen ist unbürokratischer den Generalbundesanwalt hinzuziehen. Das muss man sich exemplarisch mit dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen folgendermaßen vorstellen: Das steht ein Mob, der rechtsextreme Parolen ruft, verfassungsfeindliche Gesten und Symbole zur Schau stellt, dabei Molotowcocktails wirft, um ein Asylbewerberheim in Brand zu stecken, schneller im Fadenkreuz der Bundesanwaltschaft. Also schneller als der feine Herr Polizeipräsident damals das Hemd gewechselt hat wohl möglich, denn die Polizei müsste theoretisch nicht einmal feststellen das rechtsextreme Parolen, verfassungsfeindliche Symbole oder fremdenfeindliche Hintergründe Anlass oder niederer Beweggrund waren. Gut, bis dahin können schon Menschen zu Schaden gekommen sein, aber immerhin wird ein Zeichen gesetzt. Und es wirkt sich auch nicht auf die Statistik aus, die für einige Bundesländer mit ausgeprägter Problemlage in Sachen Rechtsextremismus erstaunlich wenig Straftaten mit entsprechendem Hintergrund aufweist. Aber vermutlich bin ich da einfach voreingenommen oder Laie, wie etwa die Antifaschisten, die jüngst vom Thüringer Untersuchungsausschuss zum NSU attestiert bekommen haben, das ohne sie ein Totalausfall in Sachen NSU geherrscht hätte, da der dortige Verfassungsschutz vorsätzlich oder unfähig nicht in der Lage war selbst das Offensichtlichste wahrzunehmen und zu deuten.
Und dann beschloss man noch härtere Strafen für diejenigen, die sich etwa durch Gewalttaten gegen Migranten und Andersdenkende hervor taten. Doch genau da liegt wieder das Problem: Erstmal muss der Hintergrund der Tat anerkannt werden. Wenn dies mal in einem anderen Glied der Gewaltenteilung, nämlich vor Gericht, nicht widerspruchsfrei nachgewiesen werden wird, das die Tat aufgrund rechtsextremer Gesinnung veranlasst wurde, was passiert dann? Dann wird das Strafmaß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eben nicht daran bemessen was heute beschlossen wurde.
Und was beschloss man in selber Sitzung? Gegen ausländische Schmarotzer, die unser so ergiebiges Sozialsystem anzapfen, wird vorgegangen. Gut, die Bundesregierung räumt ein, überhaupt keine Ahnung zu haben ob das Problem überhaupt eines ist. Der zuständige Innenminister De Maizière, der wie all seine Vorgänger über einerseits ausgeprägte Phantasie verfügt und andererseits rhetorisch durchtrainierten Populismus vorträgt stellt sich vor die versammelte Bundespresse und verlautbart das »manche« (ohne zu sagen welche) »Gegenden ein Problem haben« (ohne beziffern zu können welchen Umfangs). Da muss man entweder Parteigänger sein, wie die eine Hälfte der Hauptstadtpresse, oder grenzenloses Vertrauen in die Obrigkeit, gepaart mit Resignation, Naivität und/oder Unfähigkeit. Das nicht als Steilvorlage zu begreifen, das es sich tatsächlich um eine Fallzahl im niedrigen vierstelligen Rahmen handelt, und also der Herr Bundesminister einfach nur Populismus und Klientelpolitik betreibt, das fällt mir schon schwer zu glauben, trotzdem ich unserem Qualitätsjournalismus inzwischen allerhand zutraue.. Im Zusammenhang mit den beiden zu Anfang erwähnten gesetzgeberischen Maßnahmen wird aber eines klar: Deutschland hat ein Problem – mit Zuwanderung.
Und doch ist es nicht Deutschland, das ein Problem hat mit Zuwanderung. Zur Zeit ist es nur der konservative, nationalistische und rechtsextreme Block aus Union (vormal Zentrum), AfD und NPD & Co. Denn es wurde von der Union gleich mit zwei Themen gegen Ausländer agitiert, und zwar 1. bei der PKW Maut nur für Nicht-Bundesbürger. 2. „Wer betrügt, fliegt.“ Mit dem einen Thema ist der zuständige Minister zum Glück überfordert, sodass die PKW-Maut, die laut Merkel nie kommen sollte, zumindest nicht allzu bald kommt. Aber dann ist da eben noch dieses eklige Thema „Sozialmissbrauch“. Das die Union dahingehend nach so vielen Jahren nicht in der Lage ist zu beziffern oder zumindest den hinreichenden Nachweis zu erbringen das es überhaupt zu signifikanten Schäden führt, sagt schon alles über das Thema1. Es ist schlicht Populismus. Es ist, was noch viel schlimmer ist, Rechtspopulismus. Es ist eines jener Themen, mit denen die Union dafür sorgen will, das ultrakonservative, nationale, rechtsextreme Parteien kein Oberwasser bekommen. Aber mal ehrlich: Wer braucht da eigentlich noch rechte Parteien wie NPD oder AfD? 40% sagen doch auch so schon sinngemäß: 1. »Die Ausländer sollen für unsere schönen Autobahnen auch zahlen!« Mal ganz abgesehen davon das dieselben ständig über deren Zustand meckern und dann auch noch zu allem Überfluss behaupten Hitler hätte sie geschaffen. 2. »Die Ausländer nehmen uns nicht nur die Arbeitsplätze sondern auch unsere Arbeitslosenplätze weg!« Niemand braucht die NPD oder die AfD, so lang die Union solche Thesen vertritt und damit auch noch vierzig Prozent reinholt.
Eines der schändlichsten Verbrechen der Nachkriegsgeschichte, auch noch eines das uns namentlich der gebildeten terroristischen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ daran erinnern soll was vor und im Krieg gegen die Menschenrechte und das Völkerrecht geschah und so wohl auch fortgeschrieben werden sollte, wird in einer Sitzung abgehandelt mit Maßnahmen gegen Sozialbetrug durch Menschen aus »Bulgaren und Rumänen«. Klar, kann man machen, dann ist man halt scheiße und die ist braun. »Bulgaren und Rumänen«, oder nicht kodiert: die Zigeuner. Fickt euch doch, De Maizière, Seehofer und wie ihr alle heißt. Hat euch eure illegal beschäftigte Putzfrau mal ein Erbstück zerlegt, das ihr es nötig habt Migranten für alles verantwortlich zu machen? Geht doch nach Hause und flennt über die Scherben. Oder schließt euch denjenigen an die eure Ideologie teilen, AfD und NPD etwa. Dämliche „Union“, xenophoben Spinner. Doch das Problem ist keines der Union. So lang man mit ausländerfeindlichen Parolen in Deutschland noch 40% abstauben kann, ist das angestaubte dritte Reich noch nicht tot. Es genügten schon in der letzten großen Depression nur ein paar Unzufriedene und eine Horde mit einfachen Formeln zufrieden zu stellender, um einen ganzen Kontinent in Schutt und Asche zu legen. Wirtschaftlich hat Merkel da ja in vielen Ländern schon ganze Arbeit geleistet, und dank der Waffenlieferungen und Wirtschaftsboykotte wird der Krieg auch bald vor dem für immerhin 70 Jahre so stabilen Mitteleuropa nicht mehr halt machen. Und alles würde wieder mit einem angefangen haben: Mit dem deutschen Problem, die Ursache bei allen nur nicht bei sich selbst zu suchen.
- der Innenminister sagte vor der Bundespressekonferenz nach einem Jahr: »kein flächendeckendes Problem, aber in einigen Regionen und dort erheblich« [↩]