Die Karte vor Augen

Zugegebenermaßen habe ich nicht den ganzen Weg nach Biblis mit dem Rad zurückgelegt, genau genommen bin ich sogar einen Gutteil gefahren worden. Ganz und gar frei von Anstrengung blieb meine Anreise dann doch nicht, denn anstatt einer Landkarte im Gepäck hatte ich nur die Karte vor Augen, die mir Google Maps präsentierte, bevor ich zum Bahnhof sprintete. Und wie sich herausstellte, habe ich zwar ein exzellentes visuelles Gedächtnis, in Verbindung mit transienten Medien scheint es aber zu bocken. Und so stand ich da, irgendwo im Landkreis Bergstraße, und wusste nur:
Gen Westen gehts nach Biblis.

Rhein-Aue nah des Atomkraftwerk Biblis

Auch das Atomkraftwerk Biblis, vor dem die Kundgebung – die Umzingelung des Kernkraftwerkes durch Demonstranten nämlich – hat stattfinden sollen, war zunächst nirgends zu sehen. Wie sich wenige Orte später herausstellen sollte deshalb, weil ich in die falsche Richtung fuhr. Im einem nächsten Ort angekommen entschied ich mich daher zur Investition in Kartenmaterial, analog versteht sich. Und hiermit, in Verbindung mit dem Ortsausgangsschild der Gemeinde, lies sich etwas anfangen, auch wenn Biblis selbst der Beschilderung noch immer nicht zu entnehmen war.

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Im Nahmbereich um das Kraftwerk, dort also wo man es schon am Horizont sehen konnte, war die Orientierung dann auch schon einfacher, mit einer Ausnahme: Immer dann, wenn ich eine Ortschaft passierte, war das massige Kraftwerk mit seinen vier Kühltürmen plötzlich nicht mehr zu sehen. Das wiederholte sich ein paar Mal, sodass ich davon ausgehen konnte, das dies Methode hat – gewollt, unterbewuest und/oder zufällig. Und tatsächlich: Von dem Ort an, an dem mir das auffiel, bishin zur Stadtgrenze des vorletzten Ortes bestätigte sich meine Theorie wiederholt. Von welchem Ort aus man auch nach Biblis sah, das Kraftwerk ward nicht zu sehen, versteckt hinter üppigem Grün auf der Luftlinie zwischen Standort und Ziel.

Versteckspiel

Vor Ort dann das selbe Bild, dieses Mal allerdings im Nahbereich. Tatsächlich scheint es so, als habe man beim Bau selbst und danach Wert darauf gelegt, nicht allzu oft an den Meiler erinnert zu werden. Große Pappeln, oder Bäume die ich dafür hielt, versperrten die Sicht direkt am Kraftwerk. Baumgruppen zwischen den Feldern auf dem Weg dorthin. Und sogar die Polizei gab sich bedeckt, versteckte einen ihrer Inhaftierungstransport im satten Grün einer Lichtung inmitten eines Waldes.

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Das war mein Eindruck von der Umzingelung: Die Karte in der Tasche ist immer sicherer als die vor dem inneren Auge, und Land und Leute um Biblis sehen sich ungern an den strahlenden Nachbarn erinnert. Das sie ihn befürworten, wohlmöglich als Arbeitstifter und Brötchengeber, zeigt, das Biblis CDU-regiert ist. Aber deren Stadtverband scheint in der Zeit stehen geblieben, in der Angela Merkel Umweltministerin war.

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