Müller-Hohenstein ihr innerer Reichsparteitag

Früher als gedacht habe ich mich heute auf den Weg nach Hause gemacht, unter dem Vorsatz dem Geschehen, das erste Spiel der deutschen Mannschaft bei der Fussballweltmeisterschaft in Südafrika, höchstens am Rande auf dem Heimweg zu verfolgen. Und so war es im Grunde auch, wobei der desolate Zustand des „offiziellen“ Public Viewing seinen Teil beitrug.

Dort angekommen beobachtete ich wie ein offenkundig völlig Betrunkener älterer Mann mit Glatze und Schwarz-Rot-Goldenen Devotionalien im Verlauf einer hitzigen Debatte seinen Unterleib an einem Fan rieb, der ohne den entsprechenden Tinnef ausgestattet, wohl aber Migrationshintergrund aufweisend einfach nur am falschen Ort zur falschen Zeit stand. Das war eine Zeit lang amüsant mit anzusehen, denn der mental und physisch in dieser Situation Überlegene lies sich nicht beirren, trotzdem des offenkundig sinnfreien Dialogs mit seinem Widersacher. Der begann dann, wie erwähnt, irgendwann seinen Unterleib an dem jungen Mann zu reiben, was dann allerdings auch zum baldigen Ende der Unterhaltung führte.

Nach der „Durchsage der Polizei“, das der Veranstaltungsort wegen Überfüllung jetzt geschlossen sei – was man aber auch mit bloßem Auge sehen konnte, und das man trotzdem von überall her auf den Monitor blicken konnte – was inzwischen hunderte Fans taten, einer also völlig überflüssigen Lautsprecheransage, kreiste ich ein wenig, um später dann einen besseren Blick auf die Leinwand zu bekommen: Unten ein Zipfel vom Getränkezelt, links durften wir den glücklichen Insassen des Public Viewing beim Pinkeln zusehen und also waren wir froh das am unteren Rand Sichtbarrieren installiert waren . Die Ehrengäste hatte man völlig sinn-frei in einem 45° Grad Winkel auf die Leinwand ausgerichtet – und den Gesichtsausdrücken zu urteilen gab es auch nur Wein aus dem Tetrapak. Wenig später begann es dann auch noch zu regnen. Aber das bekam ich schon nicht mehr mit, denn das höchste der Gefühle war die Tonqualität, denn offenkundig hatte niemand die Anlage bisher getestet, und so kratzte hin und wieder etwas aus den riesigen Lautsprechern, von den Moderatoren waren größtenteils nicht zu verstehen – Vuvuselas hingegen hörte man prächtig.

Lange Rede, kurzer Sinn: Die Moderatorin Müller-Hohenstein in der Halbzeitpause habe ich folglich auch verpasst, und das ist auch gut so, denn wenn man dem Bericht von Welt Online Glauben schenken darf, bezeichnete diese das erste Tor von Klose als seinen »inneren Reichsparteitag«. Und wenn das jemand aufgeilt, so etwas zu hören, dann natürlich die werten Nationalisten in der Bevölkerung. Wie die Fliegen auf die Scheiße stürzten sich in der Folge innerhalb weniger Minuten1 jede Menge Gesinnungsgenossen auf die Kommentarfunktion, die inzwischen „Web 2.0 mäsisch uffgemotzt“ wurde. Man konnte man gar nicht so schnell schlecht bewerten, wie der Daumen für die diversen kleingeistigen aber offen die Äußerung gut-heißenden Beiträge nach oben ging. Nicht einmal zehn Minuten und einige hundert Einreichungen später wurde die Kommentarfunktion für den Artikel deaktiviert.

Wie sich die Rechten jetzt am Aufstand der Anständigen rieben, fühlte ich mich ein wenig an den dicken kleinen Kerl vor der Fanarena erinnert, der sich an dem Migrant rieb.

Verdammt, jetzt ist er doch raus, der unvermeidliche erste (und hoffentlich letzte) Beitrag zur Fussballweltmeisterschaft. Ich gelobe aber Besserung, lieber Leser. In diesem Sinne: Das Rund muss ins Eckige, und ein Spiel dauert 90 Minuten.

Update: Und schon ist ein Ausschnitt bei YouTube verfügbar, der dankenswerterweise von Welt Online verlinkt wurde, die hatten es ja bisher nicht so mit dem Internetz. Ganz wichtig: Beobachtet mal diesen Torwart, dessen Name mir gerade nicht einfällt, und der zu Anfang noch versucht das souverän abzubügeln und am Ende doch ziemlich kritisch dreinschaut und wohl schon ahnt das die gute Frau Müller-Hohenstein hier grad ihren innerer Reichsparteitag feierte.

http://www.youtube.com/watch?v=sXj2yddt0ro&feature=player_embedded

Update #2: kress meldet Quote: 28 Millionen Zuschauer wohnten der verbalen Entgleisung bei.

  1. letzte Änderung am Artikel datierte Welt Online zu dem Zeitpunkt auf 22:40 Uhr []
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