Kein Anschlag auf Angela Merkel
Die Nachricht des Tages ist der Interessenlage1 nach folgende:
Am Rande einer Propagandaveranstaltung mit Kanzlerin Merkel ist es zu einem Polizeieinsatz gekommen – verursacht durch eine Frau mit „verdächtigem Gegenstand“. Zwei Männer und eine Frauen kamen in Gewahrsam. Bei der Wohnungsdurchsuchung wurden zwei Spielzeugpistolen sichergestellt.
So ähnlich lauteten die Teaser am heutigen Morgen. Nebensächlich von Interesse ist, das die Sicherstellung der „Waffen“ nicht am „Tatort“, sondern in den eigenen vier Wänden der „Verdächtigen“ erfolgte. Personenschutz ist fraglos wichtig, und „Kanzlerin aller Deutschen“ Merkel hat gewiss viele Feinde.
Wenn allerdings der Anfangsverdacht „verdächtiger Gegenstand“ nur zu einer Hausdurchsuchung und die nur zu zwei Spielzeugpistolen führt, muss sich das Bundeskriminalamt die Frage gefallen lassen, ob hier die Verhältnismäßigkeit noch gewahrt ist. Im Grunde steht die „permanente“2 Zugänglichkeit der vom Volk gewählten Vertreter eben durch das Volk in direkter Konkurrenz zu ihrer Popularität weil die wiederum aufgrund des sich in wenigen Spitzenpolitikern bündelnden Personenkult Angriffsfläche bietet, die der Zugänglichkeit derer abträglich ist, die das Amt innehaben.
Mit anderen Worten steht eine auf wenige Spitzenpolitiker fussende demokratische Ordnung immer in direkter Konkurrenz zu Diktaturen, in denen der Personenkult im Gegensatz dazu zwar nicht hinterfragt und auch nicht durch demokratische Willensbildung hinterlegt ist, in der die politische „Elite“ aber ebenso vom Volke abgeschirmt ist – in den meisten Fällen aus gutem Grunde.
Um meinen Erklärungen noch einen dritten Erklärungsversuch zuzuführen: Wer der Sicherheit des einzelnen Gewählten so hohen Stellenwert zumisst, das die Freiheit des einzelnen Wählers allein durch Wahrnehmung seiner demokratischen Rechte ausgesetzt werden kann, sollte sich Gedanken über den status quo unserer Demokratie machen. Oder wie es eines meiner politischem Vorbilder3 auszudrücken pflegte: »Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer. Darum – besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, daß jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.«
Das Problem unserer Zeit ist, das kaum mehr jemand an der Spitze dieses Staates4 allgemein gültige, den Souverän als Adressat und Auftraggeber begreifende Antworten gibt, sondern sich alles und jedes um das eigene Fortkommen, den eigenen Vorteil, oder den Vorteil der Gönner oder anderer Eliten kümmert, oder wo all das nicht tangiert wird sich im schlimmsten Fall eben keiner mehr kümmert.
Perfide hingegen wird es erst richtig, wenn jemand nur vorgibt zum Zwecke der Allgemeinheit zu aggieren, aber zugleich sein eigenes oder den Vorteil Dritter zum Ziel hat.
- von Google News für die Reihung der Nachrichten herangezogenes Klickverhalten [↩]
- also öffentliche [↩]
- Herbert Ernst Karl Frahm alias Willy Brandt [↩]
- im Bund, Land und Kommune wohlgemerkt [↩]