Biblis: Keine Gefahr für die Bevölkerung
Merkwürdig, Silke Lautenschläger gehört schließlich seit August 2001 dem Horrorkabinett Koch an, zunächst als hessische Sozialministerin. Schwer zu glauben, das nicht zumindest im Kabinett das von der Landesregierung in Auftrag gegebene Gutachten diskutiert wurde, das sogar den Landtagsabgeordneten vorenthalten wurde. Aus einer internen Notiz an ihren Kabinettskollege Dietzel wird in einem Bericht der Sendung Frontal21 wie folgt zitiert:
Von den 19 in der Bundesrepublik betriebenen Kernkraftwerken haben nur … drei … Anlagen eine bauliche Auslegung, die einem gezielten Flugzeugabsturz ohne gravierende Freisetzungen radioaktiver Stoffe … standhalten kann. (…) Bei allen anderen Kernkraftwerken ist bei einem Aufprall auf das Reaktorgebäude mit schweren bis katastrophalen Freisetzungen radioaktiver Stoffe zu rechnen.
Dem Urteil der Gutachter zur folge gehört das Atomkraftwerk Biblis hingegen zu den besonders gefährdeten Kernkraftwerken. Vier von insgesamt sieben derart gefährdeten Reaktoren stehen im mittleren Einzugsbereich unserer Region, zudem in direkter Reichweite zu drei wichtigen Verkehrsflughäfen gelegen, jeweils wenige Flugminuten entfernt.
Besonders interessant wird die interne Notiz über das Gutachten kurz vor Ende des Horrorszenarios vom Supergau in unserer direkten Nachbarschaft, nämlich dann wenn es darum geht wie dies brisante Dokument zu behandeln sei:
Die Gutachten wurden wegen der o.g. Brisanz als – Vertraulich – eingestuft und sind nur einem beschränkten Mitarbeiterkreis zugänglich, nicht jedoch der Öffentlichkeit (auch nicht dem Landtag).
Nochmal in aller Deutlichkeit:
- Lautenschläger gehört der Landesregierung seit August 2001 als Ministerin an, ab September 2001 wird für die Landesregierung ein Gutachten erstellt, das Ende 2002 eine erhebliche Gefährdung der Bevölkerung – ausgehend vom Kernkraftwerk Biblis – skizziert.
- Seither wird das Gutachten von der Landesregierung – und somit auch von Lautenschläger als “Vertraulich” eingestuft sogar vor Landtagsabgeordneten geheim gehalten, auch mit dem Argument Terroristen könnten es für ihre Planungen missbrauchen.
- Von vorgeschlagenen Maßnahmen zur Sicherung der Anlage wird aus Kostengründen nur zum Bruchteil umgesetzt, vor in erster Linie wurden Maßnahmen umgesetzt, deren Wirkung in Fachkreisen stark angezweifelt wird.
- Terroristen haben das Kernkraftwerk in der Vergangenheit bereits ausgekundschaftet.
Was Frau Lautenschläger hierzu einfällt hatte ich ja zu Anfang aus der Presse zitiert: Silke Lautenschläger weist den Vorwurf der Verharmlosung der Risiken von sich. Wie darf man denn das jetzt verstehen, so wie es von der Presse wiedergegeben wird bedeutet es schließlich nur, das sie nie die von Biblis ausgehende Gefahr für die Bevölkerung verharmlost habe, mehr nicht!
Jetzt fühle ich mich viel sicher.
P.S.: Dazu passt der auf Bundesebene zur Schau gestellte Zynismus in Sachen Atomkraft sehr gut: Drinnen wird das rückwärts gewandte „Regierungsprogramm“ von CDU/CSU vorgestellt, in dem Atomkraft protegiert wird. Draussen demonstriert Greenpeace mit einem trojanischen Pferd voller Atommüll, wozu sich „Aktivisten“1 gesellten, die wohl auch mal ins Fernsehen und die überregionale Presse kommen wollen und für sich Werbung machten.
P.P.S.: Wie mehrschichtig schizophren die Einstellung dieser christdemokratischen Partei doch ist. Grundsätzlich wurde ihnen ja Mutter Erde nur kommissarisch überlassen. Wenngleich sie sich alles Untertan machen dürfen, war dabei nirgends die Rede davon das man einen Gutteil davon in Millionen Jahre strahlende Altlasten verwandeln solle. Ferner besteht da meines Erachtens ein gewisser Widerspruch zwischen allzeit überall herrschendem Krieg gegen eine abstrakte terroristische Bedrohungslage einerseits, wenn dann aber eine konkrete Gefährdung erkannt wurde, wird offenkundig nicht gehandelt.
- vom DreamteAM 2009, CDU/CSU-Speichellecker und Wasserträger [↩]