CDU betreibt Schadensbegrenzung: Relaunch von cdu.de zum Kampagnenportal degradiert

Aufmerksamen Beobachtern des hiesigen Parteienspektrums wird nicht entgangen sein, das beide Volksparteien in den vergangenen Wochen viel Energie in ihre jeweilige Internetpräsenz investiert haben. Herausgekommen sind sich auf den ersten Blick ähnelnde Angebote.

Vergleicht man jedoch Websites, Mobilisierungskampagne und Onlinecommunities von CDU und SPD genauer miteinander, stellt also

einander gegenüber, fällt schnell auf wer seine Hausaufgaben gemacht und wen es kalt erwischt hat.

Barack Obamas Wahlsieg vorauseilend hatte eine Delegation Sozialdemokraten, unter ihnen Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, und der SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sich bei den Veranstaltungen des damaligen Präsidentschaftskandidaten und heutigen Präsidenten der Vereinigten Staaten eingeladen, um sich ein Bild von dessen Erfolg versprechendem Wahlkampf zu machen. Damals lies es sich Hubertus Heil nicht nehmen, seine „Follower“ authentisch von seinen Erlebnissen zu berichten, was ein entsprechendes Medienecho fand. Lehren zog auch Brigitte Zypries aus dem erfolgreichen Wahlkampf von Barack Obama, indem sie bei ihrer eigenen Kandidatur zur Wiederwahl als Direktkandidatin in ihrem nunmehr nicht mehr neuen Wahlkreis 187 im Süden Hessens Broschüren drucken und den angereisten Delegierten einen Film vorführen lies.

Wie man bei der CDU mit „neuen“ Technologien umgeht, läßt sich dagegen schon anhand folgender Pressemeldung erahnen.

Die CDU Deutschlands hat heute ihr neues Onlineportal www.cdu.de gestartet. Mit zahlreichen neuen Angeboten wird das CDU-Internetangebot vom klassischen Informations- zum modernen Mobilisierungsportal ausgebaut. (…) Auf den wachsenden Anspruch im Wahljahr 2009 antwortet die CDU mit einer modernen Online-Kampagne auf hohem internationalem Niveau.1

Quelle: Pressemitteilung zum Relaunch von cdu.de, Hervorhebungen von mir

Während der Relaunch von spd.de zu Anfang diesen Jahres es zwar nicht in die Abendnachrichten, wohl aber auf prominenten Plätze auf Nachrichtenportalen und Tageszeitungen schaffte, war die Resonanz auf den kurz darauf erfolgten Relaunch der Website cdu.de bescheiden.

Tatsächlich handelte es sich entgegen dem Ton der Pressemitteilung wohl auch weniger um einen vollständigen Relaunch, denn um einen der Startseite. Dahinter ruhende Inhalte wurden kurzerhand im klassischen Layout der CDU ausgeliefert, das von der Struktur her an das der SPD vor einigen Jahren erinnert.

Nach kurzer Zeit fand sich dort dann auch der Titelstifter, nämlich ein im auf die Startseite verweisender Button, der cdu.de wiederum als Kampagnenportal bezeichnet. Ausgerechnet der war aber nach dem Relaunch zunächst noch nicht da, was den Schluss nahelegt, das man hiermit auf die Kritik hieran reagiert habe.

Ob es beabsichtigt ist, anstatt des vollständigen Titels in Google nur den Ausschnitt »Christlich Demokratische Union Deutschlands – die zentrale …« zu führen, oder man bereits bemerkt hat das der weitschweifige Titel im Internetexplorer ausgerechnet im Wort »Volks« abgeschnitten wird, kann angesichts dessen beinah vernachlässigt werden. Warum sämtliche Navigationselemente beim darüberfahren erstmal verschwinden, dafür wiederum wird Horst Seehofer von der Schwesterpartei vielleicht eine Erklärung haben: Wenn er ins Gespräch kam, verschwanden schon Wirtschaftsminister, Parteivorsitzende und Spitzenkandidaten von der politischen Bühne 😉

Weil man zwar Koalitionspartner ist, sich aber vom politischen Widersacher wohl keine Meinung sagen lassen wollte, hat man nach erster Kritik weitere Zugriffe vom Willy-Brandt-Haus aus unterbunden, wo Werber und Genossen mit am schärfsten über das Portal feixten. Dabei hätte man nur bei der hessische CDU nachfragen müssen: Im Landtagswahlkampf 2008 hatten die nach ersten Gehversuchen auf der Website von Dagmar Metzger dazu gelernt und waren nicht mehr aus ihrem eigenen und dem Netzwerk des hessischen Kultusministeriums auf die Website ihrer Konkurrentin gegangen.

Früher waren Internetseiten von Parteien Landebahnen für politisch Interessierte, heute müssen sie Startrampen für politisch Aktive sein.2

In diesem Verständnis muss der Relaunch wohl als Bruchlandung bezeichnet werden.

Hiermit nicht genug. Obwohl man per Google AdSense wirbt und bundesweit zigtausende Websites der Gliederungen auf das neue Portal teAM Deutschland verlinken, scheint teAM Deutschland den Anpfiff verpasst zu haben. Nachdem man im Rahmen des Relaunch von cdu.de vollmundig bekannt gab, über 4000 angemeldet Nutzer in der gerade einmal ein paar Wochen jungen Community versammelt zu haben, dümpelte das Projekt zunächst bei dem Stand vor sich hin. Zur Stunde hieven Christdemokraten die Mitgliederzahl der Community über ein Quartal nach dem Start auf 6000 Mitglieder – eine Zahl mit der Franz Müntefering vor Wochen triumphieren konnte. Bisschen wenig für ein Portal das »Parteiübergreifend, in der Gesellschaft verankert« sein soll.

Vergleicht man die aktuelle Mitgliederzahl mit der von vor einem Monat, beispielsweise auf einem Screenshot bei helmschrott oder anhand folgenden Auszugs aus der bereits zitierten Pressemitteilung, dann drängt sich einem der Eindruck auf, der Mobilisierungspotential der CDU beschränke sich auf etwa viertausend aktive Netznutzer:

Die haben Spaß bei der Sache, das muss auch sein. Das überträgt sich auch ein bisschen auf die Wählerinnen und Wähler die sehr genau merken ob jemand mit Begeisterung, mit Herz und Seele bei der Sache ist, oder ob er einfach nur seinen Job macht. Das sind Leute die sind mit Begeisterung dabei, mit sehr viel Idealismus, die bringen eben auch Schwung in den Wahlkampf.

Diesen Text spult ein Verantwortlicher der CDU im Adenauerhaus herunter, in ähnlich kreativer Weise wie das Portal gestaltet ist. Einblick in die Arbeit der jungen Wilden von der Union liefert ein Video über eine erste Zusammenkunft aller Teams von Nord bis Süd. Hier wieder ein Wort, das man so wohl offenbar erstmal üben musste: »Graswurzelkampagne« klingt nach staatlich verordnetem Aufstand.

Fassen wir zusammen: Verpatzter Rückzug vom Relaunch ihrer Website zum Zwecke der Schadensbegrenzung, mühsamer Anlauf der teAM’s für Angie. Kann doch eigentlich nichts mehr schief gehen … für CDU und SPD wohlgemerkt. Im Sinne fairen Wettbewerbs hoffe ich, das die CDU ihre Bruchlandung vor dem Start bemerkt, bevor die heiße Phase des Bundestagswahlkampfes anbricht.

PS: Wer noch nicht genug von „Internet-Pressemitteilung, Pressemitteilung-Internet“ Buzzword-Binge hat, hier nochmal mein persönchlicher Liebling:

Auch die Website der bereits im Dezember 2008 gestarteten Freiwilligenkampagne „teAM Deutschland“ ist an www.cdu.de angedockt.

Eben!

PS: Ach ja, vielleicht war „TeAM Deutschland“ auch aus subtileren Gründen keine sonderlich geschickte Namenswahl.

  1. Ronald Pofalla in einer Pressemitteilung zum Relaunch von cdu.de []
  2. Ronald Pofalla in einer Pressemitteilung zum Relaunch von cdu.de []
Twittern CDU betreibt Schadensbegrenzung: Relaunch von cdu.de zum Kampagnenportal degradiert via Twitter kommentieren

Ad Blocker Blocker Blocker!

Sie haben keinen Ad Blocker aktiviert, möglicherweise weil sie Kostenloskulturkritiker hereingefallen sind.

Ad Blocker Blocker schaden der geistigen Gesundheit, denn sie verblöden den Kostenloskulturkonsumenten.

Geben sie Ad Blocker Blockern keine Chance.

Installieren sie noch heute uBlock oder ähnliche!