Christine Haderthauer über Energiepolitik
Nachdem man Gabriele Pauli in die Arme der Freien Wähler gemobbt hat, scheint bei der CSU Angst vor der Rache der Wählerinnen zu grassieren. Offenkundig entschied man sich für ein weibliches Feigenblatt in Personalunion auch Generalsekretärin, Christine Haderthauer kaschiert eine ansonsten männlich dominierte Partei im Freistaat Bayern.
Während also in Bayern der Wahlkampf tobt lugt uns Frau Haderthauer aus Tageszeitungen und Magazinen, dem Fernsehen und sogar aus YouTube entgegen. Um keine Phrasen verlegen, zu Themen ablesend, von denen sie offensichtlich keine Ahnung hat. Doch seht selbst, der folgende Videobeitrag ist kein Fake und keine Vorabfassung (Hintergrundinformationen mit Zeitangaben am Fuss des Videos):
»Wir sind das einzige Industrieland, das aus der Kernenergie aussteigt.«0:10
Schaut man in den Duden Wirtschaft von A bis Z fallen unter Industrienationen jene Länder der sog. ersten Welt und vor allem die Mitgliedsländer der OECD. Wenige Klicks und Tastaturanschläge später erhält man bei Wikipedia Auskunft über den Stand der wirtschaftlichen Kernenergienutzung weltweit. Sieh mal einer an! Spanien, Italien, Irland, Schweden, Belgien und Deutschland auf dem OECD-Globus im tiefsten Blau, somit Industrienationen, und auf der Karte der Aussteigerländer Grün schraffiert.
Vorausgesetzt, Duden und Wikipedia lägen richtig, würde das im Umkehrschluss nicht bedeuten, die Aussage von Frau Christine Haderthauer ist schlicht falsch?
»Soi läßt sich die drohende Energielücke sicher nicht schließen.«0:20
Ui, Energielücke klingt nicht gut, dachte ich bei mir. Energielücke hatte ich neulich erst, das war nicht lustig. Jedoch wusste ich auch nicht, was es mit dem Begriff auf sich habe und musste recherchieren. Von einer Energielücke spricht man wohl bei einem Technologiewechsel bei der Energiegewinnung. Damit muss Frau Haderthauer wohl meinen, das unsere Wirtschaft auf dem Zukunftsmarkt regenerativer Energien nicht bestehen könne, und schon am eigenen Markt scheitert.
Mag das aber nicht vielleicht daran liegen, das über Jahrzehnte hinweg ausschliesslich fossile und atomare Energie staatlich subventioniert wurde, selbst als unsere Nachbarn längst einen Atomausstieg unterzeichnet hatten?
Wäre es nicht schädlich, wenn uns nach hier wieder eine Gelegenheit in Form eines Marktes wegbräche, nur weil man sich die heimischen Berge nicht verschandeln lassen möchte. Von verpassten Märkte aber versteht seit dem Transrapid-Desaster niemand so viel wie die CSU, insofern ist Frau Haderthauer sicherlich voll auf Parteilinie.
»Die Energiepreise werden weiter steigen«.0:28
Nostradamus wäre zufrieden mit Frau Haderthauer.
»Der Energiepreis ist der Brotpreis des 21. Jahrhunderts.«0:32
Schön wärs! Der halbwegs stabile Brotpreis als Prognose für den Verlauf der Energiepreise der nächsten fünfzig Jahre würde manchem echten Energiepolitiker ruhigere Nächte bescheren. Selbst wenn man den Heizölpreis vernachlässigt: Alle Preisindexe zeigen bereits jetzt deutlich schärfere Anstiege als der Preis für das Grundnahrungsmittel es jemals tat. Und noch verfügen die Industrienationen über Zugang zu für sie lebensnotwendigen Resourcen. Wenn man dafür auch mal hin und wieder einen Krieg führen muss wird das billigend in Kauf genommen, was aber bevorsteht, sagte mir mal ein echter Energiepolitiker, dürfte weit darüber hinaus gehen.
Wenn dem wirklich so ist, und ich räume ein kein Experte zu sein, ist denn von einer sich zum Thema äußernden Politikerin nicht unverantwortlich, eine drohende Kostenexplosion derart zu verharmlosen?
»England, Frankreich, Italien oder Finnland, all diese Länder planen neue Kernkraftwerke.« 0:43
Hey, warte mal! Italien zählte ich doch vorhin noch unter die Industrienationen, die den Atomausstieg beschlossen hätten, da stimmt doch was nicht. Stimmt. Italien ist wie immer ein Sonderfall. Berlusconi ist wieder im Amt, sein neuer Industrieminister gab im Mai diesen Jahres bekannt, das man nach zwanzig Jahren wieder auf Atomkraftwerke setze. Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen: Wärend sich in Großstädten des eigenen Landes der Restmüll auf den Straßen häuft, träumt ein reinthronisierter Ministerpräsident und Medienmogul von der Wiederauferstehung der Atomkraft. Ähnlich verhält es sich in Frankreich, wo das Volk bereits mehrfach gegen feuchten Atomträume von Sarkozy auf die Straße gegangen sind.
Ganz klar, Frau Haderthauers große Vorbilder in Sachen Energiepolitik, Frankreich und Italien, sind bei Betrachtung der gegenwärtige politische Verhältnisse in und für Bayern geradezu prototypisch.
»Weltweit sind fast 40 Anlagen im Bau.«0:50
»Fast 40 klingt viel mehr als 35.«, muss der Redenschreiber von Christine Haderthauer geglaubt haben. Glaubt man hingegen Greenpeace, sind nur 35 im Bau und zum Teil seit 20 Jahren Bauruinen. Wem glaube ich jetzt eher, einem ökologischen Interessenverband oder einer Partei im Wahlkampf – schwierig, schwierig.
»Strom aus Temelin importieren«1:00 …
.. werden wir vermutlich so oder so, nicht nur weil der Strommarkt keine Grenzen kennt: Würde mich überdies schwer wundern, wenn Temelins Schwesterkraftwerk Isar lediglich eine Verschwisterung im Sinne einer Städtepartnerschaft wäre. Beabsichtigt man mit der Formulierung hingegen Angst vor gefährlichen ausländischen Reaktoren bei unwissenden oder zur Recherche unwilligen zu schüren, läge man sicherlich richtig. Tatsache aber ist, das beide nur wenige Kilometer voneinander entfernten Reaktion jedes Jahr im Schnitt drei Störfälle melden müssen
»Reaktortechnik Made in Germany ist ein Beitrag um die Kernenergie weltweit sicherer zu machen«1:08
Wiederholungen sind Gift für die Konzentration, aber ich kann es nicht oft genug sagen: Der Transrapid wurde verkauft, ohne das ein einziger Fahrgast damit in Deutschland transportiert worden wäre. Bislang hat auch noch kein Tsunami hiesige Küsten erreicht, trotzdem installieren deutsche Ingenieure ein Frühwarnsystem. Doch das ist eben der Unterschied zwischen Ingenieuren und Politikern, letzte müssen immer alles genau und greifbar erklärt bekommen, und wehe es sind die falschen Berater im Weg. Ingenieure und andere Berufsgruppen, auf die man so viel Wert legt, denken aber selbsttätig und verlassen in Konsequenz dessen nicht selten nach dem – in Bayern sicherlich exzellenten – Abschluss, nicht selten das Land. Die Abwanderung der Visionäre von morgen zu verhindern ist Standortfaktor, nicht der krampfhafte Halt an Ideen von vorgestern, Frau Haderthauer!
»Die CSU kämpft«2:08 …
… verzweitelt um jede Stimme, hätte es heißen müssen. 50 Prozentpunkte müssen es werden, so die Vorgabe von der Doppelspitze. Da greift man auch mal Themen auf, von denen man offensichtlich keine Ahnung hat. Glückwunsch, Bayern!
»Zustimmung zur Kernenergie in der Bevölkerung wächst von Tag zu Tag.«2:13
Wie die Liste der Störfälle in deutschen kerntechnischen Anlagen, und nur eine der beiden Zahlen ist belegbar und stellt eine reale Gefahr für die Bevölkerung dar.
Frau Haderthauer bekommt von mir für diese leicht nachvollziehbare Wählertäuschung eine glatte 6, so wie beim Ablesen üblich.
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