Elektromobilität satt statt Elektroautos

Subventionen heißen jetzt Prämie, der Abwrackprämie folgt die Kaufprämie für Elektrofahrzeuge. Damit hat die schwarz-rote Große Koalition schon das zweite Nothilfeprogramm für die deutsche Wirtschaft in Gang gebracht, die trotz Rekordgewinnen den Anlasser an der Elektromobilität nicht findet.

Dabei macht Deutschland schon seit Jahrzehnten vor, was Elektromobilität satt heißen kann: Von kurz hinter Sylt bis Berchtesgaden, von Aachen bis Frankfurt an der Oder kann man mit E-Lok und Elektrotriebwagen fahren, ohne das man darum einen großen Aufriss macht. Deutsche Bundesbahn einst, Deutsche Bahn AG heute hat sogar ein eigenes Stromnetz.

Aber der Deutsche an sich ist eben gern faul, will direkt vor der einen Haustür ein- und an der anderen aussteigen. Klar wird der ÖPNV auch gefördert, aber staatlich gegenüber dem Anbieter, so wie bei den Autobahnen, die auch in Deutschland endlich privatisiert und kostenpflichtig werden müssen. Sei es drum.

Nach der Abwrackprämie verkündete die zweite Große Koalition nach der Wiedervereinigung nun bereits die zweite indirekte Subvention für die Automobilindustrie. Die zündende Idee war das aber nicht, denn anstatt einen großen Wurf kommt für die Infrastruktur nur gerade einmal ein Zehntel der Fördersumme auf den Tisch. 300 Millionen Euro zur Förderung von Stromtankstellen sind ein Witz, und zwar kein guter.

Das man jetzt eine Kaufprämie in Aussicht stellt, kommt wieder nur denen zu Gute, die sich ohnehin Neuwagen leisten können, heißt Besserverdienenden und Wohlhabenden.

Denn jene »early adopter«, die nicht einmal 50000 Besitzer von Elektroautos zum heutigen Stichtag, werden ihres nicht los um sich von der Prämie einen vergünstigten Neuwagen kaufen zu können. Gute Entscheidung daher der Abwrackprämie 2.0 nicht auch noch einen Namen zu geben. Diese Subvention für Elektroautobauer ist einfach nur ein Fördertopf, so unkreativ in der Namensgebung wie im Zuschnitt der Förderung: Etwas Geld für reine Elektroautos, etwas weniger für Hybride, eben ein Geldgeschenk für die upper class. Dies kommt ohne einen schmissigen Begriff wie eben den der Abwrackprämie aus, erwartet (seitens des Kunden) keine Gegenleistung – wie die Verschrottung des Gebrauchtwagens, und ist mit 4000 Euro fast doppelt so hoch wie seinerzeit bei der Rettung der Industrie im Rahmen der Finanzmarktkrise 2009.

Und die Subvention ist aufgrund der schwindenden Kaufkraft jenseits des Weißwurstäquator vermutlich eine, die nur dort ankommt, wo Automobile ohnehin Konjunktur hatten: In den Autoindustriestandorten Bayern und Baden-Württemberg waren bereits vorher beinah jedes zweite Elektroauto gemeldet. Zählt man Niedersachsen dazu, mehr als die Hälfte aller Elektroautos.

Diese Mischung aus Lokalpatriotismus und Kaufkraft wird die Elektromobilität in ohnehin schon gut erschlossenen Gegenden bringen, und der Tropfen auf den Bordstein in Höhe von 300 Millionen Euro für Stromtankstellen wird kaum tragende Zapfsäulen der Elektrorepublik hervorbringen.

Mal angenommen, dieses Geld würde nicht mit der Gießkanne an Investoren verteilt, also ein oder wenige möglichst günstige Anbieter stellen Zapfsäulen zu je 20.000 Euro auf – alles inklusive wohlgemerkt, ziemlich günstig, aber mit Rahmenverträgen denkbar. Aufgeteilt ergäbe die Summe von 300.000.000 Millionen Euro, also mit vielen Nullen, 15.000 Stromzapfsäulen im gesamten Bundesgebiet. Klingt erst mal nicht schlecht, entspricht aber leider nur der Zahl herkömmlicher Tankstellen im Bundesgebiet. Für den Tankvorgang an einer solchen vergehen an einer der meist vielzahligen Zapfsäulen meist nur wenige Minuten, sogar wenn man volltanken möchte. An einer Stromzapfsäule stehen meist nur ein, zwei Autos und über einen längeren Zeitraum.

Die Fördersumme ist – um es etwas plastischer auszudrücken – geeignet eine Steckdose für den Fön im Bad anstatt dort im Schlafzimmer der Nachbarn anzubringen. Also alles nur heißer Wind?

Alles wie immer, wie immer alles unausgegoren.

Das Beispiel am Ende zeichnet vor allem auf, das de schwarze Null, die regiert und die Schwarze Null propagiert, nichts von Wirtschaft verstehen. Während nämlich so eine lächerliche Summe ausgegeben wird, um der Autoindustrie zu deren Zukunftsrettung beizuspringen wird zeitgleich noch in rückständige Technologien, wie etwa Kohleenergie investiert, oder erinnert sich nicht noch jemand an die aufgeregte Debatte rund um die stillgelegten aber auf Vorrat verfügbaren Kohlekraftwerke? Eben.


(Update #1) E-Bike von der Förderung ausgeschlossen
Auf dem Fahrradblog wird nicht nur darauf aufmerksam gemacht, das es sich um eine Prämie nur für ein E-Auto, nicht für E-Mobilität handelt. Ein anderer Aspekt, der mit der Kaufkraft und Alltagstauglichkeit der Elektromobilität zusammenhängt wird skizziert: »Kaum ein E-Auto, das jetzt eventuell verkauft werden wird, wird einen Verbrenner ersetzen. Mittelfristig werden nun noch mehr Autos auf den Straßen unterwegs sein oder die Städte zuparken. Letzteres in erster Linie.« Soll heißen das hier Leute, die es sich leisten können ihr ökologisches Gewissen zu erleichtern, indem sie einen Kaufanreiz nutzen, werden gefördert, die Autoindustrie im Speziellen oder Elektromobilität im Ganzen aber leider nicht.

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