Anti-Filmtipp: Michael Moore hasst America
Michael Moore macht Docutainment, mit solchen unterhaltsamen Dokumentationen hat er dem Genre neues Leben eingehaucht. In Zeiten, in denen Publizistik immer mehr zum Wiederkäuer von Pressemitteilungen, Sensationsjournalismus und zum abhängig-parteiischen Verkündungsorgan Einzelner und vor allem Konservativer verkommt, ist ein liberaler Amerikaner wie Moore kein schlechter Widerpart, der aber gewiss Gegner auf den Plan ruft.
Diesen Job übernimmt ein Namensvetter, der als Autor, Produzent und Regisseur in Personalunion, einen sagenhaft schlecht gemachten Abklatsch der Arbeit von Moore präsentiert, als Meinungsfreiheit getarnt geht der Autor, Produzent und Regisseur in seinem Debüt auf die Jagd nach Michael Moore und der vermeintlichen Wahrheit, und das ist auch schon der einzige rote Faden.
Michael Moore hasst Amerika ist ansonsten eine zusammenhanglose Sequenz aller möglicher selbsternannter Kritikern, angefangen vom mit Binsenweisheiten seines Metiers umherwerfenden Psychologen, über Medienkritiker mit Lokalkolorit und Ultrakonservative bis hin zu Einzelnen in Moores Filmen besonders schlecht weggekommenen Protagonisten, wie jenen Bankangestellten, denen die Übergabe eines Gewehrs als Bonus für die Eröffnung eines neuen Kontos nicht ungewöhnlich vorkam. Gerade diejenigen, die sich von Moore hintergangen oder missinterpretiert fühlen, haben natürlich die Einladung des Filmemachers gern angenommen und kommen entsprechend ausgeprägt innerhalb der über zwei Stunden zu Wort.
Herausragend zu erwähnen ist, wie viel Zeit der National Riffel Association, kurz NRA eingeräumt wird, die laut Moore – im Film provokant gegenübergestellt – im selben Jahr gegründet wurde, in dem der Ku-Klux-Klan verboten wurde. Selbstverständlich gäbe es da keine Zusammenhänge, und der Autor unterstreicht dies auch nochmal mit der süffisanten Bemerkung, das diese Leute kaum Mitglieder geworden wären, während das Bild mehrere Anzeigenmotive berühmter NRA-Mitglieder mit Migrationshintergrund passieren lässt. Freilich: Wie viele Durchschnittsbürger mit schwarzer Hautfarbe oder mexikanischer Abstammung Mitglied sind, davon ist keine Rede.
Zwischendrin wird dann die Abstammung von Michael Moore, der ständig betont aus der Autostadt Flint zu kommen, in Abrede gestellt. Obwohl nie bestritten wurde, das Moore aus dem kleinen Vorort zwei Kilometer „vor“ Flint kommt, zielt einer der Kritiker darauf in seiner von tiefen Mundwinkeln umrahmten Hassrede. Ferner vereinbart der Autor, Produzent und Regisseur einen Interviewtermin mit dem dortigen Bürgermeister, unter Vortäuschung falscher Tatsachen wohlgemerkt. Und zu guter Letzt wird unter zur Hilfenahme zweier deutlich weiter voneinander entfernter, beispielhaft genannter Orte vom Hauptdarsteller eine räumliche Distanz herbeifabuliert, die Michael Moore angeblich zu seiner Heimatstadt aufweist. Alles in Allem versucht der Autor hiermit hoffentlich nur mit ganz schlechtem Stil schlechten Stil seitens Michael Moore zu karikieren, ansonsten hätte er die seither anhaltende Schaffenspause redlich verdient.
Den Höhepunkt aber bildet David Horrowitz, der als „ehemaliger Radikaler“, nunmehr Konservativer vorgestellt wird. Allein das Eingangszitat ist schon eine Stilblüte: »Die kommunistische Linke zählt zu den größten Anhängern Michael Moores.« Und ungebrochen geht es weiter »Wenn die Linken solche Dinge sagen („Ich liebe Amerika!“, AdR.), lügen sie wie gedruckt. Was er liebt ist das nach seiner Vorstellung umgeformte Amerika.« »Die Linken sind totalitär. Nur wenn man ihrer Meinung ist, behandeln sie einen wie ein menschliches Wesen, andernfalls wird man zu Unperson. Ich bin überzeugt, wenn die Menschen, die wie Michael Moore denken, würden sie die ganzen Leute, die sie interviewen und die kritisch sind, ins Gefängnis stecken oder erschiessen.« Dem ist nichts hinzuzufügen.
Das Ende des schwer zu fassenden roten Fadens bildet schließlich der Versuch, während des Premieren-Wochenendes mit Hilfe sogenannter „geheimer Informanten“ spontan ein Interview mit Moore über dessen Filmfirma auf die Beine zu stellen, doch der „geheime Informant“ liefert lediglich eine Postfachadresse von „Dog eat Dog“ und der Autor, Produzent und Regisseur macht das Beste aus der Situation: Er beendet dieses Fiasko.
Das waren mit die am sinnlos verschwendetsten 120 Minuten meines Lebens, meine Empfehlung: Meiden! Diese pseudopatriotischen US-Amerikaner sind schlimmer als Exil-Kubaner.
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