Telekom-Chef schmiedet Koalition der Willfährigen

»Kupfer verhindert Glasfaser« nicht, Betonköpfe und Bundesbehörden a.D. tun das. Und einer dieser Betonköpfe ist der Kopf der Telekom, Telekom-Chef Tim Höttges, und der belebte jüngst eine Powerphrase von George W. Bush wieder, als der bei der Jahrestagung des Verbandes der Glasfaser-Anbieter Buglas als dort geladener Gastredner nicht nur bekannt gab, sich als Mitglied dem Verband anschließen zu wollen, sondern dazu aufrief eine »Koalition der Willigen« zu schmieden. In der Politik und Wirtschaft nennt man einen solches Vorgehen feindliche Übernahme, und da Höttges beides ist, Politiker als Lobbyist, und Chef, als CEO der Telekom, dürfte ihm klar gewesen sein, wie die Ambition seiner Rede ankommen musste.

Bildquelle: Sebaso, –CC BY-SA 4.0

Was geht in diesem Kopf vor? Selbstbewusstes Auftreten ist dem ehemaligen Staatsmonopolist nicht fremd. Trotzdem ist das Vorgehen in dem Fall besonders frech und dreist, denn hier wird die geltende Rechtslage, die kleinere Anbieter vor Platzhirschen wie dem „Rosa Riesen“ schützen sollen, vom selben Konzern genutzt um sich in eine Opferrolle zu projizieren. Höttges stellt das Prinzip auf den Kopf und sich als Gleicher unter Vielen hin. Dementsprechend dürfe die Telekom auf dem Markt, den sie nicht beackert, nicht länger benachteiligt werden. Das er dabei zwei ganz unterschiedliche Märkte in einen Topf wirft ist nicht einmal die dreisteste Komponente dieses Komplotts gegen die Kommunen.

Denn der ehemalige Stastsmonopolist, der den Glasfaserausbau bisher völlig vernachlässigt hat, reklamiert hier nicht nur eine Führungsrolle im selben Sektor für sich, indem er folgendes Vorgehen vorschlägt: Erklärtes gemeinsames Ziel einer von Höttges so genannten „Koalition der Willigen“ sei die Regulierung im Glasfasermarkt zu beenden. Lupenreine Lobbyarbeit. Der angekündigten Beitritt in den Branchenverband sieht Höttges offenbar als Vertrauensvorschuss, die Metapher von der „Koalition der Willigen“ soll wirken als sei die Telekom kämpferisch. Dabei wirkt die Argumentation nicht deswegen nur ungewollt peinlich. So wenig wie die Telekom in Glasfaser investiert hat, ist der eigene Marktanteil kein Wunder, sondern monokausal. Der weitere Aufruf, sich im Kampf gegen Reseller und andere Bösewichte der Telekom anzuschließen wirkt daher wie Bushs Beweise für Massenvernichtungswaffen von Saddam Hussein: konstruiert.

Wer sich fünf Minuten mit dem Breitbandausbau mit Glasfaser beschäftigt hat, weiß das genau so viel Prozentpunkte im letzten Vierteljahrhundert mit dem Trägermedium Glasfaser mit dem Internet verbunden wurde.

Den Anteil der Telekom hieran kann man im selben Prozentanteil von diesem Prozentwert sehen, soll heißen: Der ehemalige Staatsmonopolist, der noch immer zum Großteil mittelbar und unmittelbar im Staatsbesitz ist und in der Politik gut vernetzt ist will in einem Sektor die Marktbeschränkungen aushebeln, in dem er überhaupt keine (T-)Aktien hat.

Verbündete für eine solche Vereinigung wären, wenn man sich der Kriegsrhetorik anschließen möchte: Kriegsverbrecher, wenn nämlich stimmt, dass Markt Krieg ist, ist die Beseitigung gelten Rechts hierin ein nicht weniger schlimm als die Erklärung bewaffneter Zivilisten zu „unrechtmäßigen Kämpfern“ und also Freiwild im Sinne ansonsten ordnungsgemäßer Kriegsführung. Die Telekom verlangt von Mitbewerbern sich dieser Rechtsauffassung anzuschließen wir Powell seinerzeit die UN: Und wie 2003 das Vereinigte Königreich fand sich auch dieses Mal einige nützliche Idioten, die sich vor jeden Karren spannen lassen, vor allem bei drei Unternehmen der Privatwirtschaft. Net.Cologne etwa, aber auch kleinere Mitbewerber, von denen ich allesamt behaupte, das deren Unterzeichner sich demnächst in neuen, lukrativeren Jobs bei der Telekom wiederfinden werden.

Wer sich nicht nur die fünf Minuten eingangs mit der Thematik befasst hat, sondern wiederum fünf Minuten mit der Anbietermarktstruktur beim Glasfaserausbau investiert hat, weiß auch: Das sind nicht die Anbieter, die flächendeckend Anschlüsse legen.

Das sind nämlich stattdessen kommunalen Anbieter, Tochterunternehmen der Städte und Landkreise, meist Stadtwerke, also oft auch wieder: der Staat. Es sind die, die Geld in die Hand genommen und den Ausbau überhaupt erst in Angriff genommen haben. Und die haben kein Interesse ihr mühsam zurückerobertes Terrain gleich mit wieder an den erstbesten ehemaligen Monopolisten abzutreten, der erst in die Gänge kommt, wenn ihm Subventionen angeboten werden.

Schlimmer noch: Formiert sich die „Koalition der Willigen“ nicht, beabsichtigt die Telekom die für 2018 gesetzten Ziele nicht zu verlängern, oder O-Ton nur „wenn die Regulierung für den Glasfasermarkt kippt dann starten milliardenschwere Gemeinschaftsprojekte“.

Witzig dabei auch hier: Bei der auf 2018 gerichteten Zielvereinbarung aus der Großen Koalition 2013-2017 ging es gar nicht um den Glasfaserausbau, sondern um eine allen Anschlüssen zugutekommende Mindestbandbreite von 50 MBit/s.

Und wie ich 2013 prophezeite: Das Datum ist bewusst gewählt, und liegt hinter Ende der Legislaturperiode. Wie auch der neue Meilenstein, nur noch weiter in der Zukunft: In 2025, das hat die Kanzlerin vor der Wahl verkündet, soll der Breitbandausbau vollendet sein. Bis dahin könnte dieselbe noch zwei Mal wiedergewählt worden sein. Ob Höttges bis dahin auch die andere Powerphrase von Bush für sich entdeckt hat, nämlich »Mission accomplished«?

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