Apple und Google, wir müssen reden!

Microsoft migriert Millionen unterschiedlicher Konfigurationen und Geräte aller Klassen unter einem einheitlichen Dach. Das geht nicht geräuschlos. Manchmal hört man sogar laute Misstöne durch den monotonen Abgesang, den der Qualitätsjournalismus bereits vor zwanzig Jahren mal auf den damaligen Monopolisten anstimmte.

Dem ehemaligen Monopolisten kann man vieles vorwerfen, eine stillstehende Plattform zu forcieren nicht. Windows 7 wurde vor fast genau sieben Jahren veröffentlich; auf Windows 7 konnten seither auch viel ältere Geräte aktualisiert werden. Windows Phone 7 wurde vor sechs Jahren fast am selben Kalendertag veröffentlicht, und erfuhr allein seither mehr als ein Facelift, die letztlich zu dem nun vorliegenden Antlitz von Windows 10 führten. Microsoft reicht damit denjenigen Nutzern die Hand, die seit Windows 95 keinen so großen Quantensprung mehr mitgemacht haben; Start als Metapher, GUI als vorrangiger OS-Modus, 32 Bit, wenig später Internet und USB haben heute noch ihre zeitgemäße Entsprechung. Und Microsoft holt sie mit dem kostenlosen Update als Trostpflaster für das unfertige Windows 8 ab. Und Microsoft baut Entwicklern mit Windows 10 für all diejenigen eine Brücke, die bisher für das ein, andere oder beide anderen Ökosysteme entwickelt haben: Mit dem Schachzug, die Web Plattform als Entwicklungsplattform der Wahl einzuführen, hat man den ausgeführt, den Apple und Google demnächst nachvollziehen werden. Warum? Weil sich auch das lukrativste Geschäftsmodell nicht leisten kann, dauerhaft drei Apps (iOS, Android, Web) und ein Vielfaches dessen an API1 zu pflegen. Durch die Abkehr vom Microsoft Internet Explorer hin zu Edge ohne Altlasten, hat Microsoft zudem den jüngsten Browser, den schnellsten Interpreter für ECMAScript, die vollständigste Rendering Engine gemessen an relevanten API am Start. Google wurde vor Kurzem damit konfrontiert, das in über einer Milliarde Android-Geräten Scheunentor-große Hintertüren klaffen; Google sieht aber gar nicht ein, den Rattenschwanz veralteter Geräte auf einen neuen Stand zu bringen oder hat gar keine Möglichkeit das Betriebssystem von sich aus zu aktualisieren. Von dem fragmentierten Fuhrpark, den Android-Hardware ausmacht, will ich gar nicht erst anfangen; dass sich Samsung hier als wichtigster Anbieter durchsetzt ist dabei kein Zeichen von Besserung, sondern das Gegenteil: Es gäbe ab einem gewissen Marktanteil gar keinen Grund mehr, Android offen fortzuentwickeln, da ohnehin nur der südkoreanische Mischkonzern damit Geld verdient; aus dem Grund wird Google in Kürze selbst wieder als Hardwareanbieter in den Markt eintreten. Apple musste drei schwerwiegende Lücken in seinem aktuellen iOS einräumen, und hatte binnen kürzester Zeit ein Update für alle drei Exploits parat; Frage nur: Ist die an den Tag gelegte Geschwindigkeit, mit der die wohl sehr tief greifenden Fixes bereitgestellt werden konnten, darauf zurückzuführen, dass Apple wichtig war die nicht länger im Raum stehen zu lassen, oder standen die längst zur Verfügung und wurden einfach nie von Dritten2 ausgenutzt? NSA und Apple werden sich wechselseitig über Exploits in Kenntnis setzen, die sie kennen und die genutzt werden können. Das der Monolith iOS so schnell gepatcht werden konnte, jedenfalls schneller als ein so vielgestaltiges Android: einerlei. Aber selbst Apple wird Integrationstests auf alle unterstützten Geräte fahren und zumindest die betroffenen Schnittstellen der neuen Version auditieren müssen. Das geht nicht von heute auf morgen. Es ist anzunehmen, dass entweder Apple oder die NSA von dem Problem gewusst, über die jeweilige Telemetrie dessen „produktive Nutzung“ in the wild beobachtet haben und dann den jeweils bereits vorliegenden Patch angewandt haben. Was mich zu einer anderen Frage führt: Was ist mit all denen, die nicht jedes oder jedes zweite Jahr ein neues iPhone kaufen? You know what? Never mind. Denn man kann die drei Plattformen nicht abstrakt und nicht konkret ihrer schwersten Defizite direkt miteinander vergleichen, aber man kann ihre Zukunft voraussehen, ohne ein Wahrsager zu sein. Apple hat die inzwischen auch öffentlich wahrnehmbar akzeptiert, indem sie Safari vom Abstellgleis geschoben und dessen Fortentwicklung begonnen haben, wie einstmals Microsoft mit dem Internet Explorer 7. Google hat das nebenläufige Ökosystem aus Chrome Apps aufgegeben, selbst erklärt um Progressive Web Apps3 mehr Raum zu geben. Und mit 300 Millionen+ Installationen haben Windows Universal Apps einen Markt, um den keiner mehr herumkommt, und für deren Entwicklung es innerhalb der Plattform keinerlei oder kaum einer Portierung mehr bedarf und auf die die beiden vorgenannten Plattformen hinarbeiten. Kurzum: Es läuft mittelfristig darauf hinaus, dass die Zweifaltigkeit der meisten Angebote verschwinden wird. Die beiden Badges zum Apple AppStore oder auf Google Play verschwinden wie die Best viewed with aus der Frühzeit des World Wide Web. Was bleibt ist der Dank an Apple, mobiles Internet durchgesetzt zu haben. Aber wie Netscape reicht das langfristig nur für Wikipedia, nicht für die Wertschöpfung. Wenn also der AppStore nicht mehr läuft, weil die 40%, die man als Entwickler abdrückt, auch 0% sein könnten, wenn man im Web veröffentlicht; und wenn der AppStore nicht mehr läuft, weil anstatt rigider, willkürlich ausgelegter Richtlinien ein nicht durch Regeln reglementierter Zugang zum Markt mit einem Vielfachen der Geräte lockt, ist mit dem Dreiklang iOS, Android, Web auch nicht mehr lang hin. Und dann kann Apple sich darauf konzentrieren, was sie gut können, Ideen entwickeln, Form geben und als Luxusgut verhökern. Das haben sie seit Steve Jobs nicht mehr. Und Google macht jetzt schon, was sie seit Gründung machen: Um Suchergebnisse arrangierte Werbung ausliefern, bald vielleicht sogar auf Flagschiffen, die ihre Fahne tragen. Und was all das mit dem Redebedarf-Rant zu tun hat? Eben. Der wuchs sich beim Schreiben aus. Mit der Leidenschaft, mit der hier argumentiert wurde, und mit der Leidensbereitschaft, von dem der hier wiedergegebene Leidensweg zeugt würde es mich wundern, wenn der Verfasser jetzt schon aufgibt. Ich tippe mal das er auf dem skizzierten Weg, den Apple und Google mit ihren mit dem Web konkurrierenden Plattformen nehmen werden, irgendwann auch wieder Raum zur Versöhnung ist. Jedenfalls hoffe ich das, das und das der Autor nicht den Fehler begeht, auf andere Plattformen auszuweichen und noch viel schlimmere Erfahrungen zu machen. Ich bin jedenfalls aus nächster Nähe Zeuge nicht nur einer Parallelentwicklung geworden, und daher froh nie selbst eine Zeile etwa in XCode geschrieben zu haben. Das was ich dabei darüber zu hören bekam erinnert in das finsterste Mittelalter; mit Wegelagerei, Hexenverbrennung und unverständlichen, immer neuer Interpretation verschiedener juristischer und technischer Codes, die man bei Plattform-Paten als Bibel betrachtet.

Bei den beiden konkurrierenden Plattformen ist nicht alles schlecht, aber es gibt mehr besser zu machen als beim gegeißelten Dritten.

  1. Jede einmal installierte App muss, wenn es neue OS-/App-Versionen gibt, so lang bereitgehalten werden, bis die Nutzerzahl nicht mehr als kritischen Masse gilt. []
  2. Keine Verschwörungstheorie ist, das die NSA Exploits – auch in iOS – nutzt; sicher angenommen werden kann, das man sich um den Wert der Plattform iOS beiderseits bemüht, auf der einen Seite, um sie zum Ausspähen derer Nutzer auf aller Welt verfügbar zu halten, auf der anderen Seite []
  3. Wortkreation, Sammelbegriff wie HTML5 []
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