Gleichmacherei und Gleichgültigkeit in Zeiten der NSA-Affäre

Gibt so Tage, da ist man in Rage, da bleibt der Kaffee nur Staffage. Heute war so einer: Da wird das offenbare Tracking der Besucher mehrerer Websites verglichen mit dem nur scheinbar nicht existenten Tracking von Farcebook mit der vermeintlichen Gleichgültigkeit gegenüber der Überwachung, besser bekannt als NSA-Affäre. Nachdem ich gestern erst wieder auf einer der ersten Mitgliedervollversammlung unseres SPD Unterbezirk Darmstadt-Stadt hören musste das „drei Monate Vorratsdaten ja ganz in Ordnung seien“, woraufhin der spontane Lacher unserer Vorsitzenden Brigitte Zypries sogar noch meiner Empörung zeitlich voran ging, und so grundsätzlich offensichtlich noch niemand die Dimension der Schnüffelei verstanden hat, fiel meine Kritik an der Gleichmacherei nochmal deutlicher aus als sie ohne diese persönliche Erfahrung mit Ignoranz wäre. Hier meine korrigierten Kommentare, vorheriges Lesen des oben verlinkten Artikel bietet sich an.

Noch was: Spione kann man verhaften, solche mit diplomatischer Immunität ausweisen, aber worauf sich die ganze Verteidigung der Nichtstuer in der NSA-Affäre berufen, und was viel mit dem Drohnenkrieg gemein hat: Exterritorialität. Wer von woanders handelt, dem kann man am Tatort nicht habhaft werden. Mit anderen Worten: Wenn der junge Skinhead am Joystick auf einem amerikanischen Stützpunkt in Stuttgart sitzt und eine Hochzeitsgesellschaft in Pakistan auslöschen lässt, tut er das zwar auf amerikanischem Hoheitsgebiet, auf das Deutsche keinen Zugriff haben, handelt im Auftrag der USA und braucht von ihr keine Strafverfolgung fürchten und tötet – was in allen drei Ländern völker- und strafrechtswidrig wäre – Zivilisten, die kurzerhand zu Kombattanten also feindlichen Kriegern erklärt werde. Unsere Daten werden auf Übersee abgeschöpft, oder durch unsere eigenen Dienste. Die tun das offensichtlich weil ausweislich der ausbleibenden Reaktion unter Duldung oder (bei unseren Diensten) auf Veranlassung der jeweils amtierenden Bundesregierung. Sie greifen in die Informationsfreiheit ein, in die Vertraulichkeit der Kommunikation, sie verletzen das Briefgeheimnis und das alles dank der systemimmanenten Internationalität auf Niemandsland. Mag sein das viel auch in den USA abgeschöpft wird, aber zwischen zwei Geräten kann manchmal eine Kontinentalgrenze liegen, und da sind die Daten per se international. Das ist illegal, Merkel verletzt ihr legal agreement mit den Deutschen (vulgo: Amtseid) und vielen ist es scheißegal, und dazu tragen Beiträge wie dieser bei, die Unternehmen und ihre (Sehn-)Sucht nach Daten mit illegalen Machenschaften gleichzusetzen..

Schlimmer noch als die Gleichmacherei und Gleichgültigkeit habe ich gestern allerdings eine Verharmlosung wahrgenommen, die das Verständnisproblem auf den Punkt bringt: Das die USA uns alle überwachen wurde da fernab eines Redebeitrags ergänzt durch „oder die Russen, oder die Chinesen“. Da dem andererseits aufgeschlossene und abgeklärte Genosse etwas technische Grundlagen unterstellt werden können, gehe ich inzwischen in Teilen der Debatte auch von vorsätzlicher Dummheit aus, möglicherweise Resignation. Das Russland und China in unserer Alltagskommunikation keine Rolle spielt sollte jedem klar sein. Oder?

Ach ja, in Hinblick auf ausgelagerte statistische Erfassung habe ich vorher noch etwas anderes geschrieben, das aber in der Sache nicht von Belang war. Es verdeutlicht aber auch nochmal wie Äpfel mit Birnen verglichen werden:

Ist aber schon klar, das Facebook nur deshalb scheinbar frei von Tracking ist, weil es eine homogene, geschlossene Plattform ist? Wer mal die Beschränkungen erlebt hat, mit denen App-Entwickler für die Plattform leben müssen oder um den filigranen Zuschnitt der Zielgruppe für die man Werbung schalten möchte müsste wissen, das Facebook sehr wohl Tracking betreibt, es allerdings nicht nötig hat das an Dritte auszulagern. Dahingehend haben Verlage ja oft früh ihre Anzeigenabteilungen ausgegliedert oder gleich den Vertrieb gleich abgegeben.

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