Jahresrückblick 2005

Jedes Jahr zwischen den Jahren aufs neue das selbe Spiel: Die Medien drängen einem ihre Retrospektive des ausklingenden Jahres auf. Ich halte dagegen und veröffentliche eine stark gekürzte Rückschau auf die wichtigsten Momente im Leben der Menschheit in der in allgemeinen und meiner Person im Speziellen, aber eben erst im neuen Jahr.

Der Januar begann mit einer silvesterlichen Stipvisite beim frisch gebackenen EU-Mitglied und Nachbarn Tschechien. Mit Blick auf den Stadtkern, vom Letná Park mit Metronom, konnte man das Feuerwerk wie die Stadt wirklich sehr gut erkennen, und fürs Detail folgte dann noch ein Spaziergang durch den von Glasscherben übersähten Stadtkern mit anschliessender Taxifahrt ins Hotel Avalon in die Nový Svet oder neue Welt – unserer Unterkunft.Versprochen: Bilder aus Prag werden noch im Januar bei flickr veröffentlicht.

Aller Orten gewannen Empfänger von Hartz IV im Februar gerade wieder die Fassung, da verkünden Agentur für Arbeit plötzlich den fünf Millionsten Arbeitslosen. Und der hat nicht etwa gewonnen, im Gegenteil. Von etwa 300 Euro im Monat werden seither auch die abgespeist, die unfreiwillig in die Arbeitslosigkeit gelang sind, weil sie angeblich zu alt zum Arbeiten seien, gerade in der Branche ganz schlechte Luft sei oder man schlicht im Ausland billiger produzieren können. Und an all dem tragen natürlich die Politiker die Schuld.

Alles viel zu traurig, raus aus dem Elend heißt da die Devise. Also packe ich Ende Februar wieder die Koffer und machen mich, wie schon zur Jahreswende, mit meiner damaligen Lebensabschnittsgefährten MiriamM auf den Weg weg von hier. Mit Icelandair von FRA nach KEF, oder für weniger Luftfahrbegeisterten: Von Frankfurt, Germany, nach Keflavík, Island (engl. iceland, sehr treffend). Wir umrunden die Insel entgegen dem Uhrzeigersinn, mit dem Bus und für einen ereignisreichen Tag auch mit einem kleinen VW Polo. Das erste Mal in diesem Jahr sehe ich kleiner Schisser mein Leben an diesem Tag mein Leben an mir vorbeiziehen, und auch unsere Beziehung soll die Woche nach unserer Rückkehr nicht überleben. Zeitgemäß wird im März mit mir Schluss gemacht, immerhin das erste Mal nach einem Urlaub.Versprochen: Bilder werden analog zu den Reisemomenten im März bei flickr veröffentlicht und hier mit einem Reisebericht begleitet.

Bei einem Hefeweizen im Café Blu, Darmstadt, unterzeichne ich bei Kerzenschein meine Beitrittserklärung zur SPD. Die bleibt eine ganze Zeit beim Genossen KarstenB verschollen, taucht wieder auf und hievt mich noch im April in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Franz Müntefering fand dann gerade noch Zeit mich an Bord zu begrüßen, um dann im Mai der Presse mitzuteilen, das man um eine neue Bestätigung durch den »Souverän« ersucht. In Darmstadt wird daraufhin die damalige amtierende Justizministerin Brigitte Zypries zur Direktkandidatin für die SPD. Wo sonst entdornt man an einem Tag hunderte Rosen und erhält am nächsten Tag zum Dank von der Ministerin persönlich die Hand und vom Personenschutz die Füsse geschüttelt? Das ist doch gleich um einiges mehr Wert als eine Autogrammkarte, obwohl …
Und weil ich gerade noch den April touchiere und es immer noch für einen gleichnamigen Scherz halte: Das Volk bestätigt Premier Blair auf der Insel im Amt.

Meine Höhepunkte im Juni? Da weite ich doch lieber meinen Exkurs durch die globale Politik aus. Was passiert, wenn man einem Volk mit aller Gewalt Demokratie einzubleuen versucht, sieht man ja noch heute täglich in den Nachrichten. Trotzdem brauchen all die amerikanischen Soldaten bald eine neue Beschäftigung und da könnte es flugs vom &raque;grünen Gürtel«, der Welt grösster Bombengürtel, zum Nachbarn gehen. Die haben schliesslich, im Gegensatz zur dritten Achsenmacht (des Bösen) Nordkorea, viel Öl und immerhin noch keine Atomwaffen. Ausserdem sind sie auf der Achse des Bösen als einzige übrig. Der Iraner an sich wir 1 und 1 addiert haben, seither ist jedenfalls Mahmud Ahmadineschad Präsident. Und seine Äusserungen erschüttern die Welt.

Nebenbei unterlag Argentinien Brasilien im Finale des Federations Cup in Deutschland, und hierzulande konnte man sich als Kurzfristfan erproben, von denen es im neuen Jahr noch deutlich mehr zu sehen gibt.

Ein Wechselbad der Gefühle erlebte die Welt im Juli, als kurz aufeinander folgend London zunächst zum Gastgeber der Olympischen Sommerspiele 2012 gekürt wird und nur einen Tag darauf mehrere Bombenanschläge die Stadt erschüttern. Nun will man auf Nummer Sicher gehen, präventiv exekutieren Sicherheitskräfte stellen Sicherheitskräfte einen mutmaßlichen Terroristen, der Brasilianer wird von fünf gezielten Schüssen im Londoner Untergrund erfasst. Er war zu diesem Zeitpunkt mit einem Rucksack bewaffnet, und hatte einen dunklen Teint.

Katharina ist das einzige Thema im August. Es sterben über 1300 Menschen durch den Wirbelsturm. New Orleans wird unfreiwillig geflutet. Nach drei Tagen findet dann der Präsident die Zeit sich das Desaster aus der Airforce One heraus im Tiefflug anzuschauen.

Etwas eiliger und nachhaltiger gab sich die deutsche Politprominenz beim Hochwasser in Bayern: Erst jede Menge H2O, dann eine Flut an Politiker und Medien und dann wollte Edmund in Gummistiefeln noch in letzter Minuten den Wahlkampf retten. Das haben selbst die Bayern nicht verdient.

Nur etwas mehr als ein Viertel der Wählerstimmen gestanden Meinungsforscher der SPD über Monate hinweg zu, Medien- und Meinungsmacher lehnten sich zurück und beobachteten Gerd bei dem aus ihren Augen aussichtslosen Unterfangen die selbst angezettelte Wahl zu gewinnen, das Ruder herumzureißen. Die Republik staunte nicht schlecht als am 18. September 2005, 18 Uhr die ersten Prozente über den Bildschirm huschten.

Während sich die Verlierer, nämlich Rot-Grün, zum Feiern hinreißen lassen, den wahren, liberalen Gewinnern das Grinsen nicht mal mehr mit einer überraschenden Steuernachzahlung aus dem Gesicht zu meisseln gewesen wäre praktizierte man bei den Christen von der sozialen und/oder demokratischen Union die neue Ehrlichkeit und schaffte es damit wenige Stunden später noch in die Tagespresse. Das beste Zitat dieses Abends nämlich stammt meiner Meinung nach nicht aus der Elefantenrunde, sondern von der Wahlparty. Die verstummte Schlag 18 Uhr und ein Reporter vernahm nur noch ein, aber ein ehrliches Wort: »Scheiße.«

Im Oktober sterben bei einem schweren Erdbeben 87000 Menschen in Pakistan, teils erreicht Hilfe die Menschen in unzugänglichen Regionen erst Wochen später oder bis heute nicht. Welche Auswirkungen das Beben auf die pakistanischen Atomwaffen hatte ist noch heute weitgehend unbelichtet.
Frankreich erlebt nie dagewesene Ausschreitungen.

Erst fällt der Schnee und dann die Leitungen. Fünf Tage im November lang müssen zehntausende Menschen in Nordrhein-Westfalen ohne Strom auskommen, Gerüchten zufolge wurde hierdurch ein Babyboom im nächsten Sommer begründet. Wer sich mangels Masse mit sich selbst beschäftigen musste ! zündete ein, zwei Kerzen an und begann zu lesen. Hoffentlich sind meine Hilfslieferungen rechtzeitig angekommen.

In diesem Zusammenhang warnen die Energieversorger vor zu viel Eigeninitiative: Das Freiklopfen von Starkstromleitungen kann zu ungewollten Nebenwirkungen führen und stellt zudem eine illegale Selbstbedienung dar.
Persönlich gab es für mich unverhofft schon im November einen kleinen Jahresrückblick: Da schob mich Tanja mit ihrem Kleinwagen freundlich aber bestimmt vom Radstreifen. Es ist erstaunlich wie viel Zeit scheinbar vergeht von dem Moment da man bemerkt das etwas nicht stimmt und beginnt darauf zu reagieren. Nunja, ich lebe noch.

Was heißt eigentlich das Akronym CIA? Central Intelligence Agency. So zentralisiert scheint dieser amerikanische Auslandsgeheimdienst seit Dezember auch der breiten Weltöffentlichkeit nicht mehr. Unterhält man doch weltweit Dependancen, nicht nur in Botschaften und Konsulaten. Gäste werden freundlicherweise vor Ort abgeholt und am Zielort der Wahl, bei freier Kost und Unterkunft, mit einem ausgeklügelten Programm bei Laune am Leben gehalten. Nichts ungewöhnliches, könnte man meinen. Das machen Geheimdienste doch seit jeher, ein bisschen Spass muss sein? Wir haben davon gewust? Wir dürfen nicht zwischen erfolterten und freiwilligen Geständnissen unterscheiden? Wir müssen dem globalen Terrorismus global verfolgen? Wir vertrauen dem Bush-Regierung? Kneif mich! Könnte es sein das unsere gewählten Oberhäupter gerade den Rechtsstaat entsorgen, fundamentale Menschenrechte entwerten und jeden Einzelnen der Willkür ausliefern. Und das ist dann der globale Krieg gegen den Terror?

So viel zu meinem, unserem und unser aller Jahr 2005.

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